D 2011, 90 min
FSK 12
Verleih: StudioCanal

Genre: Drama, Historie

Darsteller: Elin Kolev, Mathilda Adamik, Kai Wiesinger, Gudrun Landgrebe

Regie: Marcus O. Rosenmüller

Kinostart: 06.10.11

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Wunderkinder

Überfrachtete Geschichtslektion mit schöner Musik

Es gibt Filme, die gut gemeint sind, aber von ihrer moralischen Intention erdrückt werden. WUNDERKINDER fällt in diese Kategorie. Erzählt wird die Geschichte einer Freundschaft dreier musikalisch hochbegabter Kinder in der Ukraine im Jahr 1941. Der Violinist Abrascha und die Pianistin Larissa, beide aus jüdischem Elternhaus stammend, werden in Rußland als Wunderkinder gefeiert. Sie werden vom deutschen Mädchen Hanna bewundert, die selbst Geige spielt, und deren Vater eine Brauerei in Poltawa leitet. Larissa und Abrascha reagieren zunächst verhalten auf Hannas Avancen, gemeinsam zu musizieren. Langsam entwickelt sich eine innige Freundschaft zwischen den Kindern, die sich nach dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion unter tragischen Umständen bewähren muß.

WUNDERKINDER sieht man an, daß Regisseur Rosenmüller sein Handwerk beim Fernsehen gelernt hat. Die Art, wie die Geschichte aufgebaut ist, wie sie erzählt und bebildert wird, entspricht den Erwartungen, die der heimische Fernsehkonsument mitbringt: Kostüme und Ausstattung wirken historisch stimmig, und natürlich sprechen die Protagonisten durchweg akzentfrei deutsch. Eingebettet ist die Kerngeschichte in eine aufgepfropfte Rahmenhandlung, in der sich die alte Hanna ihrer Kindheit entsinnt. Die Schauspieler geben sich zwar Mühe, kommen jedoch gegen die gestelzten Dialoge nicht wirklich an. Darstellerisch und musikalisch überzeugt am ehesten Elin Kolev als Abrascha, der auch im echten Leben als Geigenwunderkind gefeiert wird und hier sein Schauspieldebüt gibt.

Schwerer als diese Defizite jedoch wiegt das überfrachtete Drehbuch, das der Vielschichtigkeit der angerissenen Themen – Wunderkinder, die Beziehungen zwischen Deutschen, jüdischen und nichtjüdischen Ukrainern im Krieg, die Vernichtung der europäischen Juden – nicht gerecht wird. Der Versuch, den Krieg aus Kinderperspektive abzubilden, beschränkt sich auf vorgeblich naive Fragen, die unbeantwortet bleiben: Was haben die Deutschen eigentlich gegen die Juden? Warum ist Hanna jetzt unser Feind? Ist das der Krieg?

WUNDERKINDER ist ein Film, durch den schlimmstenfalls Schulklassen gejagt werden, damit sie die richtigen Antworten und die richtige moralische Haltung einüben können. Diese Art von eindimensionaler historischer Aufarbeitung vermag es jedoch nicht, die weiterhin aktuellen Fragen der Geschichte ins Hier und Heute zu übersetzen.

[ Dörthe Gromes ]