Originaltitel: A BIG BOLD BEAUTIFUL JOURNEY
USA 2025, 110 min
FSK 6
Verleih: Sony
Genre: Drama, Fantasy, Romantik
Darsteller: Margot Robbie, Colin Farrell, Lily Rabe, Phoebe Waller-Bridge
Regie: Kogonada
Kinostart: 02.10.25
Sie glauben an Liebe auf den ersten Blick? Großartig, weiter so. Aber leider nicht hier. Was dieser Film anfänglich präsentiert, grenzt nämlich an eine manierierte, prätentiöse Zumutung: Auf einer Hochzeit treffen sich zwei Singles, Sarah und David, beziehungsweise nagelt sie die Braut wechselseitig an den Fuß. Es folgt, was sich heute Deep Talk nennt, also vermeintlich dem Kennenlernen dienende Tiefe, praktisch banales, aufgeblähtes Gefasel. Passend zur auf Biegen und Brechen in Schräglage gebrachten vorherigen Eröffnung in einer Autovermietung, ebenso jedem Vorurteil gegenüber einem Regisseur, dessen Karriere als akademischer Filmtheoretiker begann. Wenig Wunder, daß Margot Robbie, aufgepimpt bis zur künstlichen Karikatur, und Colin Farrell, irgendwo zwischen Jammerlappen und Pseudo-Alpha verloren, auch kaum Sympathie entfalten und allseits kein gesteigerter Wunsch nach Wiedersehen keimt. Derweil man vor der Leinwand immerhin in nicht fotografierten, vielmehr regelrecht gemalten Bildern versinkt, changierenden Anmutungen nachspürt, von Edward Hopper und Caravaggio über Grant Wood bis zur Pop Art.
Auf Antrieb des eigenständig agierenden Navis (!) hin gehen beide dennoch zusammen auf die titelgebende Reise und werfen sich plötzlich spontan vor, auswendig gelernten Unfug zu erzählen. Eine wahre Sollbruchstelle, ein Moment der Erkenntnis, ein Augenblick des Erstaunens, wie überzeugend Regisseur Kogonada und Drehbuchautor Seth Reiss uns an der Nase herum- und aufs Glatteis geführt haben. Genau das Aufeinanderprallen zweier Menschen beobachtend, die es verlernten beziehungsweise vielleicht niemals konnten, deren herumgetragenes Päckchen im Lebenslauf zum Paket wuchs. Warum, ergründen fortan überall herumstehende Türen, welche Sarah und David beim Durchtreten zu vergangenen Schlüsselsituationen befördern: einsames Sterben, brüsk weggeschmetterte Liebe, Vater-Sohn-Gespräche, solche Dinge. Nicht der damaligen Korrektur, sondern des Erkennens wegen, weil es Zeit ist, Selbstgespräche zu führen, mit dem jüngeren Ich zu kommunizieren, darob im Jetzt Veränderungen anzustoßen, etwas Anderes und Autarkeres zu sein als die passive Summe einzelner prägender Ereignisse.
Wenn Sarah gleichermaßen im Wortsinn und metaphorisch abgeschminkt wird, Davids emotionales Höflichkeitsabbügeln echter Anteilnahme weicht, sich die einführenden Kalendersprüche zu knackigem Dialogpingpong wandeln („I Was Underwhelmed.“ – „I Was Overwhelmed.“) , mancher hübsche Gag omnipräsente Melancholie torpediert oder eine Robbie und Farrell zu achtbarem Gesang bringende Musicaleinlage hinreißt, ganz im Geist der schon per Plakat transportierten, charmanten Verbeugung vor DIE REGENSCHIRME VON CHERBOURG, ergreift sie unerwartet: Liebe auf den zweiten Blick.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...