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Che – Revolución

Heilsgeschichte und Dokument

Einen Mann, geboren mit einem unbeirrbaren Willen und der Fähigkeit, andere zu inspirieren – so einen Mann, sagt Regisseur Steven Soderbergh über die Intentionen, warum er einen Film über Ernesto Che Guevara drehen wolle, so einen Mann wollte er zeigen. Nun ließe sich einwenden, solcher Männer gäbe es ja einige. Im Guten, wie im Bösen. Warum also gerade jener argentinische Arzt, der es zur Gallionsfigur, zum Popstar der Revolution brachte? In der Frage liegt die Antwort. Guevara ist eine schillernde Figur und ein großes Stück sentimentales Kapital einer Linken, die auch heute gerne noch vom romantischen Bild des edlen Revolutionärs mit Sexappeal zehrt. So ist die Reise des Che auch eine vom Dschungel auf Poster und T-Shirt. Und auf die große Leinwand.

Sieben Jahre hat Soderbergh, Seite an Seite mit Hauptdarsteller Benicio del Toro, für den Film gekämpft, der nun als imposantes Diptychon in die Kinos kommt. Soweit man das einschätzen kann, ist das Endprodukt geworden, was Soderbergh wollte: Ein in der Form kompromißlos formstrenger Konzeptfilm (Soderbergh führte unter dem Pseudonym Peter Andrews selbst die Kamera) und inhaltlich changierend zwischen Heilsgeschichte und nüchternem Dokument.

CHE – REVOLUCIÓN schildert dabei den Befreiungskampf in Kuba von 1956 bis 1959 als Chronik der Ereignisse, in die als Schwarz-Weiß-Szenen im dokumentarischen Stil etwa ein Interview Guevaras mit einer amerikanischen Journalistin oder seine Rede 1964 vor der Uno eingeflochten wurden. Zu sehen sind die Entbehrungen – auch das Martyrium des Asthmatikers Guevara – im Dschungelkrieg. Die politischen Diskussionen und die leise Skepsis Guevaras gegen Fidel Castros „Realpolitik.“ Die Scharmützel mit Baptistas Soldaten und, als fulminanter Höhepunkt dieses ersten Teils, die Straßenschlachten bei der Einnahme von Santa Clara.

Während dieser gesamten 131 Minuten, in denen Soderbergh all das historisch korrekt bebildert und sich so empathisch seinem Titelhelden nähert, ganz sanftmütig Charakter hinter der Klischeemaske freilegend, bleibt Guevara auf gespenstische Art doch immer das, als was man ihn kennt: Archetyp eines Revolutionärs. Die Verklärung schwindet nicht. Das wird dem einen gefallen, den anderen langweilen. Und – das sei verraten – das wird sich im zweiten Teil dieses Epos noch ändern. Dann, wenn die Erzählung vom Siegestaumel auf Kuba in die Untergangsagonie in Bolivien wechselt.

Originaltitel: CHE – REVOLUCIÓN

USA/Spanien 2008, 131 min
FSK 12
Verleih: Central

Genre: Drama, Historie, Polit

Darsteller: Benicio Del Toro, Franka Potente, Benjamin Bratt, Catalina Sandino Moreno, Demián Bichir, Ramón Fernández

Regie: Steven Soderbergh

Kinostart: 11.06.09

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.