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Der Wind wird uns tragen

Lyrische Geschichte über das Warten auf den Tod

Siah Dareh, ein kleines kurdisches Dorf im Iran. Behzad ist Fotograf und mit seinen Kollegen aus Teheran hierher gekommen. Farzad, ein Schul-junge, nimmt die Gäste in Empfang, zeigt ihnen die Gegend und wird zu Behzads wichtigster Informationsquelle für alles, was im Dorf geschieht. Vor allem weiß er immer genau über den Gesundheitszustand der "Invaliden" be-scheid. Die alte, kranke Frau schwebt zwischen Leben und Sterben und scheint die Hauptstädter besonders dringlich zu interessieren.

Der iranische Filmemacher Abbas

Kiarostami setzt seine Geschichte wie ein Puzzle zusammen, ohne alle dazugehörigen Teile mitzuliefern. Handlung und Dialoge folgen einer spielerischen Strategie von Zeigen und Verbergen, die alle Ebenen des Films durchläuft. So bekommt man zum Beispiel die Kollegen Behzads niemals zu sehen. Einziger Hinweis für ihre Existenz sind kurze Wortwechsel mit Behzad, ohne daß die Kamera sie ins Blickfeld bekommt, und die Auskünfte über ihren Aufenthaltsort, die der Fotograf von den Dorfbewohnern erhält. Auch das Motiv des Besuchs bleibt lange im Dunkeln und wird sogar bewußt verschleiert. Farzad wird ausdrücklich gebeten, keinem den wahren Grund ihres Hierseins zu verraten, sondern zu behaupten, es ginge um einen Schatz. Allmählich, fast zögerlich wird enthüllt, daß man offenbar auf den Tod der "Invaliden" wartet, um ein ungewöhnliches, wohl auch grausames Trauerritual zu dokumentieren. Doch die Alte will einfach nicht sterben.

Diese etwas makabere Konstellation dehnt Kiarostami, bis die Zeit fast stillzustehen scheint, indem er die Hauptfigur zu nahezu rituellen Wiederholungshandlungen verdammt - vorgetäuschte Geschäftigkeit. Gleichzeitig fingiert er eine scheinbare Beschleunigung: Behzad wird immer wieder per Handy von seiner Arbeitgeberin zur Eile gemahnt. Und so gelingt es Kiarostami, in ruhigen Bildern eine subtile Spannung aufzubauen, die weder im Plot, noch in den Figuren begründet ist, sondern erst im Auge des Betrachters entsteht. Wie auf einer Abenteuerreise gilt es, die weißen Stellen einer Landkarte aufzustöbern und sie mit Phantasie zu füllen.

Originaltitel: BAD MARA KHAHAD BORD

F/Iran 1999, 118 min
Verleih: Pegasos

Genre: Drama, Poesie

Darsteller: Behzad Dourani

Regie: Abbas Kiarostami

Kinostart: 15.06.00

[ Sylvia Görke ]