Originaltitel: THIRD PERSON

USA 2013, 137 min
FSK 12
Verleih: Sony

Genre: Drama, Episodenfilm

Darsteller: Liam Neeson, Mila Kunis, Adrien Brody, Olivia Wilde, Maria Bello, James Franco, Kim Basinger

Stab:
Regie: Paul Haggis
Drehbuch: Paul Haggis

Kinostart: 04.12.14

Noch keine Bewertung

Dritte Person

Zweite Blicke auf die verflixte Drei

Die Ziffer Drei dominiert Paul Haggis’ neuen Streich in jedem Moment. Sie wird im Titel erwähnt, der mit L.A. CRASH zu weltweitem Ruhm gelangte Regisseur und Autor erzählt drei Geschichten aus drei Städten, holt gar Kim Basinger für drei kleine Szenen ansteigender Relevanz aus dem Karrieretief zurück, und sein Film beinhaltet drei Teile. Dazu später mehr, zunächst ein Handlungsüberblick.

In Paris arbeitet Schriftsteller Michael am aktuellen Buch. Michael verließ kürzlich die Gattin, um sich Affärenpartnerin Anna zuzuwenden. Derweil kämpft die abgebrannte New Yorkerin Julia um das Sorgerecht für ihren Sohn, und der windige Geschäftsmann Scott möchte beim Italien-Aufenthalt einer Fremden helfen, muß allerdings erkennen, daß mit der Dame möglicherweise manches nicht stimmt.

Betrachtet man all das nun völlig nüchtern, offenbart die Inszenierung sicher Schwächen: Abgesehen von wenigen hollywoodesken Gefühlsausbrüchen bleiben echte Emotionen aus, weil Haggis das je nach Strang qualitativ schwankende Episodengeflecht quasi von fern aufdröselt, die Figuren fast klinisch unters Mikroskop legt, den Zuschauer zur distanzierten Beobachterrolle verurteilt, was angesichts oft intimer Bildsprache recht irritiert. Indes wäre es zu kurz gesprungen, dies tatsächlich zu kritisieren, einerseits wegen hervorragender Darstellerleistungen; hauptsächlich Olivia „Anna“ Wilde mimt großartig. Und andererseits folgt gegen Ende ja der bereits angekündigte zweite Part.

Dort liefert Haggis individuelle Beweggründe, läßt Schicksale hervorbrechen, schafft plötzliches Verständnis, rückt einstige Fragezeichen-Szenen unter erhellende Lichtkegel, gleißend, die metaphorischen Augen blendend. Gerade dann, als man argwöhnt, daß der gewiefte Fuchs auf solchem Weg eine Zweitsichtung provozieren möchte, da viele gesehene Sequenzen, das erworbene Wissen inkludierend, unvermittelt Wirkung entfalten, lauert der finale Twist, Etappe Nummer 3 kracht herein. Und aus heiterem Himmel mag man sich selbst vor die Stirn schlagen, verärgert darüber, manche Andeutung schlicht ignoriert zu haben.

Jetzt rattert sie los, die Denkmaschine, das Suchen nach weiteren verpaßten Details beginnt, während Haggis‘ letztlich eben doch gut geölte Gedankenwelt knarzige Tore öffnet, publikumsseitige Erwartungshaltungen eine Grundrenovierung benötigen, und schließlich das verloren geglaubte Interesse frisch erwacht. Spät vielleicht, aber dafür nachhaltig.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...