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Lovely Rita

Ein einsames Mädchen

Der Titel führt auf die falsche Fährte. Doch langsam ...

Erstmal ist das pubertierende Mädchen Rita ein halbwegs typischer Teenager, dem die Eltern auf den Wecker fallen. Die Schule nervt, das Leben sowieso, die Hormone treiben das Hirn auf den Abweg der Pseudo-Revolution, und Rita findet kaum Anschluß zu den anderen in ihrer Klasse. Sie schwänzt, fährt stundenlang mit dem Bus durch die Gegend. Einzig ihr 13jähriger Nachbar Fexi ist ihr irgendwie nah. Als sie ihn zum ersten Mal berührt und küßt, ist der noch nicht ganz so weit entwickelte Bube leicht überfordert. Dessen Eltern auch. Der Kontakt zu ihm wird Rita verboten.

Ihr nächstes "Opfer" ist der Busfahrer, den sie und der sie schon länger beobachtet. Er allerdings ist nicht so zurückhaltend wie Fexi. Jetzt brennen bei dem blassen Mädchen die Sicherungen durch. Sie entführt den Asthma-kranken Fexi aus dem Krankenhaus, flieht vor der Polizei und wird doch erwischt. Ihre Wut richtet sich jetzt gegen ihre Eltern. Eines Tages hält sie die Knarre ihres Vaters in der Hand ...

Durch das stille, chronologische und erst einmal wertfreie Beobachten erinnert Jessica Hausners erster Langspielfilm an die verstörenden Werke Michael Hanekes. Auch sie hat keinen Lösungsmusterkatalog à la Wie versteh ich die Jungen besser? parat, weil es ihn nicht geben kann. Zwar sieht auch Hausner das Übel in fehlenden sozial-moralischen Werten - allerdings beurteilt sie dies nicht didaktisch, sondern ähnlich hilflos wie der Betrachter. Und doch wird klar bei ihr: Um zu verstehen, muß man reden. Und das kann Rita mit ihren überforderten Eltern schon ewig nicht mehr. Das Nebenher- und Vorbei-Existieren wird zur seelischen Verstopfung. Das Ventil kann nur apokalyptisch sein. Hausners großem inszenatorischen Geschick ist es zu verdanken, daß - obwohl man zu Rita kaum einen Zugang findet - ihr einzig möglicher Ausweg schockiert und nachdenklich macht.

Wer fühlt, der denkt auch. Wer denkt, der wird auch wieder fühlen.

Österreich/D 2001, 80 min
Verleih: Alamode

Genre: Drama, Teenie, Erwachsenwerden

Darsteller: Barbara Osika, Peter Fiala, Christoph Bauer

Regie: Jessica Hausner

Kinostart: 06.06.02

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.