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Religulous

Bill Mahler und das Opium fürs Volk

Bill Mahler ist ein spitzbübisch dreinschauender, berufsbedingt scharfzüngiger US-Talkshow-Comedian, den hierzulande eigentlich kein Schwein kennt. Was nichts macht, denn da es mittlerweile, nicht zuletzt dank Michael Moore, durchaus gewinnbringend ist, gallig-satirische Dokumentarfilme ins Kino zu hieven, könnte sich also auch ein Streifen wie RELIGULOUS durchaus rechnen. Verdient hätte er das allerdings nicht wirklich.

In RELIGULOUS macht sich Mahler als eine Art Voltaire des Medienzeitalters auf die Reise, um im Namen der Vernunft und Aufklärung, polemisch und humorvoll gegen das Reich der Dummheit anzurennen. Dummheit nun, der Titel läßt es ahnen, ist hier vor allem mit Religion gleichzusetzen. Worüber man sagen könnte: so weit, so dumm. Aber ganz so einfach ist es dann ja auch nicht. Denn natürlich hat Mahler einige schlagende Argumente auf seiner Seite, wenn er christlichen, jüdischen und moslemischen Gläubigen auf den Zahn fühlt. Daß er sich dabei auf, sagen wir mal, transzendente Extremisten konzentriert, ist legitim. Und selbstredend auch erheiternd. Etwa beim Besuch im Kreationisten-Museum, in dem das Weltkonzept dieser christlichen Strömung mit Hilfe schön modellierter Wachsfiguren veranschaulicht wird. Das biblische Paradies zeigt sich da als idyllisches Nebeneinander von Mensch und Dino, bei dem ein putziger, alttestamentarischer Mogli auf einer schuppigen Echse durch die Lande reitet.

Unbefleckte Empfängnis, Homophobie, Heiliger Krieg und Jungfrauen im Jenseits – Mahler arbeitet der Absurditäten viele ab. Allein, es ist ein Treten auf der Stelle. Und was als hübsche Polemik begann, endet zusehends als selbstverliebte Klugscheißerei. Mahlers Blick ist immer der von oben nach unten. Mahler, der Mann, der auf der richtigen Seite steht. Fest verankert im Fundament der Vernunft, von dem aus gesehen Religion hier nichts weiter als ein absurdes Schmierentheater ist.

Der Meinung darf man zweifelsfrei sein, doch diskreditiert sich RELIGULOUS außer im faden Narzissmus Mahlers vor allem in einem zweiten Punkt selbst. Dort nämlich, wo Mahler Religion in einer intellektuell recht dürftigen Kausalität als Hauptschuldigen für Mord und Totschlag in der Weltgeschichte ausmacht. In seiner fröhlichen Art dabei ignorierend, daß – um nur mal derer vier zu nennen – sowohl Hitler als auch Stalin, Mao als auch Pol Pot, zumindest in einem Punkt etwas mit Mahler gemein haben: ihren Atheismus.

Originaltitel: RELIGULOUS

USA 2008, 101 min
FSK 12
Verleih: Central

Genre: Satire, Schräg

Darsteller: Bill Mahler, Steve Burg, Andrew Newberg

Regie: Larry Charles

Kinostart: 02.04.09

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.