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Stille Hochzeit

Über unruhige Geister und geräuscharme Rebellion

Ein Einstieg wie in einem Horrorstreifen: Ein Team von abgebrühten Dokumentarfilmern ist auf dem Weg in ein abgeschiedenes rumänisches Dorf, um den Berichten von paranormalen Phänomenen auf den Grund zu gehen. Und tatsächlich stößt die Crew auf abnorme Vorkommnisse, die Geister der Vergangenheit scheinen allgegenwärtig. Der einheimische Führer des Filmteams packt schließlich aus und erzählt das tragische Schicksal des Spukdorfs. Und plötzlich befindet man sich im blühenden Sommer des Jahres 1953, in einer Welt, in welcher der Bauer derb aber herzlich, die Jugend liebestoll und die Stimmung stets heiter bis ausgelassen ist. Diese Dorfgemeinschaft beschwört durchaus auch andere Geister herauf, vor allem Fellinis AMARCORD und die Welt der Filme Kusturicas dürften den Machern beim Entwickeln im Kopf gespukt haben.

Es ist ein besonderer Sommer, denn es steht eine Hochzeit an. Und zwar zwischen Iancu und Mara, zwei dauerkopulierenden Mittzwanzigern, die sich nach anfänglicher Eheverweigerung schließlich den Forderungen der Eltern fügen. Das gerade beginnende Fest wird allerdings jäh unterbrochen, als ein sowjetischer Offizier einkehrt und vom Tode Stalins kündet. Das kommunistische Regime hat eine einwöchige Trauerphase angeordnet, während der alle Feierlichkeiten strengstens untersagt sind. Wer nicht gehorcht, soll mit dem Leben bezahlen, und die Dorfbewohner geben zunächst klein bei. Doch nachts kommt man heimlich zusammen, und mit einigem Einfallsreichtum läßt man das Brautpaar trotzdem hochleben, allerdings, nach bestem Bemühen aller, in völliger Stille. Aber die Kommunisten haben bekanntlich ihre Lauscher überall, und so wird die geräuscharme Rebellion zum riskanten Balanceakt.

Das Debüt des Rumänen Horatiu Malaele überzeugt mit einer – trotz der klaren Referenzen zu Kusturica – eigenwilligen Atmosphäre und ungewöhnlichen Stuktur, erzählt von der unmenschlichen Unterdrückung der Diktatur, indem er Lebensfreude und den Widerstand im Kleinen in den Vordergrund holt. Auch wenn die politische Dimension von Malaeles Tragikomödie sehr einfach gerät, dürfte sie zumindest zu Diskussionen anregen und bekräftigt somit die eigene Aussage der obskuren Rahmenhandlung: Die Geister der Vergangenheit dürfen niemals ruhen.

Originaltitel: NUNTA MUTA

F/Luxemburg/Rumänien 2008, 87 min
FSK 12
Verleih: Tiberius

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Luminita Gheorghiu, Meda Andreea Victor, Alexandru Potocean, Doru Ana, Iona Anastasia, Alexandru Marian Bindea

Stab:
Regie: Horatiu Malaele
Drehbuch: Horatiu Malaele

Kinostart: 26.11.09

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...