Originaltitel: THE SMASHING MACHINE

USA 2025, 123 min
Verleih: Leonine

Genre: Biographie, Action, Drama

Darsteller: Dwayne Johnson, Emily Blunt, Ryan Bader

Regie: Benny Safdie

Kinostart: 02.10.25

The Smashing Machine

Der zerbrechliche Klotz

Wie konnte es passieren, daß Dwayne „The Rock“ Johnson plötzlich als OSCAR-Kandidat gehandelt wird? Nun, im Grunde hat es nur diese eine passende Rolle gebraucht. Im Kino kannte man den Darsteller bislang vor allem aus allerlei austauschbarem Franchise- und Blockbuster-Content. The Rock war der Actionheld oder auch der Tollpatsch, ein grimassierendes Kind im Körper eines Bodybuilders. Nun hat man ihm aber diese Rolle des alternden Kämpfers auf den Leib geschrieben, die tatsächlich wie prädestiniert für die ganz großen Preisverleihungen erscheint.

In THE SMASHING MACHINE erzählt der Autor und Regisseur Benny Safdie eine Episode aus dem Leben des amerikanischen Wrestlers und Mixed-Martial-Arts-Kämpfers Mark Kerr. Safdie, der bislang mit seinem Bruder Josh so herausragende Filme wie DER SCHWARZE DIAMANT gedreht hat, legt damit ein beachtliches Solo-Debüt hin. Nach der Weltpremiere in Venedig erhielt er sogleich den Silbernen Löwen für die beste Regie. Nun ist sein Film, zugegeben, kein astreines Meisterwerk geworden. Er wirkt bisweilen etwas unausgereift und zerstreut in seinen thematischen Schwerpunkten.

Und man könnte ihn schnell abstempeln und sagen, diese Geschichte habe beispielsweise Darren Aronofskys THE WRESTLER so ähnlich schon vor Jahren erzählt. Als große The-Rock-Show fasziniert das Sportlerdrama aber zweifellos. Safdie stellt hier ein Charakterporträt auf die Beine, das schon äußerst brutal beginnt. Da wird blutig auf ein Gesicht eingedroschen, während Johnson im Voice-Over seine ganz eigene, sadomasochistische Philosophie der Gewalt vorträgt. Kampfkunst wird hier zum grausamen Ritual, um das Gegenüber beherrschbar zu machen. Der Star als herausragendes Individuum errichtet seine Marke auf dem ausgestellten Leid der anderen, denen es den eigenen Willen aufzuzwingen gilt.

Mit der anfänglichen Machtdemonstration ist der Zenit allerdings schon überschritten. Ende der 90er-Jahre hat Kerr seine Glanzzeiten offenbar hinter sich. Der Körper spielt nicht mehr so richtig mit, und mit den neuen Regelungen der Wettbewerbe kommt er kaum zurecht. Dazu ist der Sportler süchtig. Er spritzt sich Schmerzmittel, und die Kamera ist immer ganz nah dran. Sie klebt an den Proportionen, an den Poren, Muskeln, Adern, am Schweißfilm auf der Haut. In einer markanten Szene verfolgt sie Kerrs Weg nach einer Niederlage hinter die Kulissen, quälend lang, Schritt für Schritt. Dann sitzt er da, und auf einmal fließen die Tränen. In solchen Momenten ist THE SMASHING MACHINE am beeindruckendsten, wenn er mit der schieren Physis und ihren charakterlichen Brüchen arbeitet. Wenn The Rock auf einem Stuhl sitzt, der für die Dimensionen seines Erscheinungsbildes eigentlich zu klein geraten ist. Oder wenn er in einem Wutausbruch mit einem einzigen Hieb eine Tür zerschlägt.

Safdie interessiert sich für die Dynamik in den heimischen vier Wänden. Emily Blunt spielt die Partnerin Kerrs, Dawn heißt sie. Während der Kämpfe sitzt sie aufgehübscht am Ring und fiebert mit ihrem Mann mit. Zu Hause scheint die Beziehung derweil immer erdrückender zu werden. Zwei fragile Gestalten gehen sich dort lautstark und mit unterschiedlichen Lebensplänen auf die Nerven – bis zur Eskalation.

THE SMASHING MACHINE ist als Biopic außergewöhnlich, weil er einerseits das Nacherzählen allzu vieler biographischer Stationen scheut, sich eher auf die Momentaufnahme konzentriert. Andererseits, weil er die klassische Spannungsdramaturgie, Heldenreise, Läuterung und Versöhnlichkeit durchkreuzt. Er endet abrupt in einer finalen Überblendung von Fakt und Fiktion. Johnson spielt Kerr dabei als sensiblen Rüpel und Klotz, der sich seine Schwächen eingestehen muß.

THE SMASHING MACHINE wird somit auch zu einem Film über eine Männlichkeitskrise. Johnson meistert letztlich nicht nur die Haudrauf-Einlagen, sondern auch die kleinen, subtil gespielten Unsicherheiten und überspielten Ängste, die etwa auf einem Rummelplatz einen Höhepunkt finden. Wie kann man bei dem wilden Fahrgeschäft mitfahren, ohne mitfahren zu müssen?

[ Janick Nolting ]