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UmDeinLeben

Monologisierende Frauen vor trister Kulisse

Deutschland ist ein kaltes, graues Land und nirgendwo kälter und grauer als im Berlin des neuen Jahrtausends zur Vorweihnachtszeit. Ob im Plattenbau oder in der Kiezkneipe, ob im Regierungsviertel oder am Potsdamer Platz – überall kalte, nackte, graue Fassaden. Keine Wärme nirgends. Kein Leben. Nur Einsamkeit.

Das Regiedebüt UMDEINLEBEN der Dramatikerin Gesine Danckwart stellt sechs Frauen in diese triste Kulisse: Eine dauertelefonierende Geschäftsfrau, eine gelangweilte Bardame mit Kleinmädchenstimme, eine muskelbepackte Ringerin, eine erfolglose Freiberuflerin, eine Politikerin mit Lampenfieber und eine ehemals Erfolgreiche nach dem Absturz. Sie alle sind von diversen Losigkeiten geplagt: Sprach-Beziehungs-Orientierungs-Rat-Erfolg-Mittellosigkeit. Darüber führen die Frauen abgehackte innere Monologe. Im Wechsel mit den verschiedenen Interieurs werden sie dabei vor ein weißes Nichts gestellt, gegen das sie anrennen, kämpfen, verlieren und selten offen rebellieren. Die Frauen sind isoliert nebeneinander montiert, es gibt bis auf eine Ausnahme keine Begegnungen zwischen ihnen, und selbst diese eine Begegnung bleibt fragmentarisch.

Danckwarts Film erzählt nicht, er inszeniert. Was als Theaterstück funktionieren könnte, entfaltet als Film nur bedingt Wirkung. Die durchweg exzellenten Darstellerinnen und die präzise Kameraführung verhindern nicht, daß der Film kopflastig bleibt. Das Konzept mag konsequent umgesetzt sein, stagniert jedoch über knapp 90 Minuten.

Schade, denn dabei stellt Gesine Danckwart in UMDEINLEBEN brennende Fragen: Wie soll frau eigentlich die Zumutungen des modernen (Erwerbs-)Lebens aushalten? Wie sich dem übermächtigen Zwang zum Funktionieren entziehen? Der Film bleibt in der Bestandsaufnahme stecken, Antwortversuche werden kaum gewagt. Auch erregt die ausgestellte Tristesse irgendwann Widerspruch: Ist ein halbwegs erfülltes Leben denn wirklich so unmöglich in unserer Welt? Und warum, verdammt noch mal, rebellieren die Frauen dann nicht, oder doch nur so halbherzig?

Zumindest in einer Szene des Filmes wird ein Ausbruchsversuch gestartet. Mit einem ­Megaphon bewaffnet, stürmt die abgestürzte Erfolgreiche den Empfang, zu dem sie nicht eingeladen wurde und beschimpft die Anwesenden und ihre selbstzufriedene „Feng-Shui-Kacke“ in einer befreienden Tirade. Endlich.

D 2008, 86 min
Verleih: It Works!

Genre: Drama

Darsteller: Maren Kroymann, Kathrin Angerer, Anne Ratte-Polle, Caroline Peters, Bettina Stucky, Esther Röhrborn

Regie: Gesine Danckwart

Kinostart: 12.11.09

[ Dörthe Gromes ]