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West Is West

Weiße Rosen aus Pakistan

Zwölf Jahre zogen ins Land, seit EAST IS EAST uns mit Chaosfamilie Khan bekannt machte. Immer noch regiert Vater George „Dschingis“ Khan, einst aus Pakistan nach England eingewandert, den Clan (oder glaubt es wenigstens), unverändert hält Mutter Ella die Sippe zusammen. Neu aber, daß der jüngste Sproß Sajid gegen Papa rebelliert – zu eingefahren wirken dessen Erziehungsmethoden. Auch Sajids Herkunft bereitet Probleme, wird er doch von den Schulkameraden nicht akzeptiert, so als Quasi-Angehöriger zweier Kulturen. George überlegt, entscheidet, schleift den Sohn gen Heimat. Das gute alte Pakistan scheint zur Besserung angemessen, schließlich vertritt man hier Werte. Problematisch bloß: George nahm’s damit selbst nicht so genau und trifft auf seine erste Gattin. Und als schließlich Ella inklusive schriller Freundin nachreist, steht echter Ärger ins Haus!

War der Vorgänger, wie im Playerweb nachzulesen, eine cineastische Sternstunde, so greift jetzt eher der Kometen-Vergleich: Rauscht vorbei, sorgt für lichte Momente, Nachhaltigkeit sollte allerdings keiner erwarten. Woran das liegt, ist schnell erzählt – einerseits arbeitet sich Drehbuchautor Ayub Khan-Din mit seinem erneut autobiographisch gefärbten Skript diesmal eher an Standards ab, und andererseits gibt sich der nach spontanem Wechsel im Regiestuhl sitzende Andy De Emmony inszenatorisch gleichfalls zu basisverhaftet. Ein Beispiel: Es kommt die Zeit, da sich beide Ehefrauen zwecks Aussprache treffen müssen. Folgerichtig zieht wie von Zauberhand ein Sturm auf und vereint die geballte Weiblichkeit zusammen in einem Raum. Nach Abschluß der Unterhaltung – berührende Sequenz übrigens, ohne Frage – hat die Naturkatastrophe ihre Schuldigkeit getan und darf daher gehen. Sie tut es denn auch magisch unvermittelt.

Dennoch weiß wiederum mancher Nebenstrang absolut zu überzeugen und zeigt, welche Großtat mit etwas mehr Mut zur schrägen Idee, weniger Mäandern zwischen den Welten machbar gewesen wäre. Von unerreichter Komik bleibt primär in Erinnerung, wenn Sajid für Bruder Maneer Amor spielt. Letzterer betet Nana Mouskouri an, was uneingeschränktes Verständnis für sein Single-Dasein wecken mag – aber bekanntlich paßt ja auf wirklich jedes Töpfchen ein Deckelchen. Wie hinreißend sich folgend diese spezielle Verpartnerung gestaltet, das sollte man unbedingt selbst erleben.

Originaltitel: WEST IS WEST

GB 2010, 102 min
FSK 6
Verleih: Kool

Genre: Komödie, Erwachsenwerden

Darsteller: Om Puri, Linda Bassett, Aqib Khan, Emil Marwa, Jimi Mistry

Regie: Andy De Emmony

Kinostart: 14.06.12

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...