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Willkommen in der Bretagne

Miss, Strike und Herz

Die Hand tussig abgewinkelt. Dazu jener Blick: So unglaublich wegen der Gehirneinzelligkeit ihres Gegenübers gequält, doch trotzdem aufrecht arrogant schauen sonst nur Lehrkräfte beim Abhören als dumm identifizierter Schüler. Keine Frage – Catherine ist Geschäftsfrau durch und durch. Also genau die richtige Person, um irgendwo in der Pampa, wo das abgelatschte Bowlingzentrum den pulsierenden Kern gesellschaftlicher Aktivität stellt, eine Geburtenstation auf Rentabilität zu prüfen und höchstwahrscheinlich zu schließen. Ihren Einstand feiert Catherine vor dem Personal mit einem Witz, und mal ehrlich: Mann, war der schlecht! Beste Voraussetzungen demnach, beiderseits Vertrauen zu entwickeln. Bleibt das Babyparadies ergo zwangsweise auf der Strecke?

Nun, wer sich diese Frage ernsthaft stellt, dürfte seit geschätzten 50 Jahren kein Kino von innen gesehen haben. Noch mal unter uns: Jede vermeintlich überraschende Entwicklung kündigt sich Minuten vorher an oder steht sowieso außer Zweifel, sämtliche Charakterentwicklungen ziehen konsequent nach. Durch Originalität kann Autorin und Regisseurin Marie-Castille Mention-Schaar tatsächlich nirgends punkten. Will sie aber offensichtlich gar nicht in einer Ode an Freundschaft, Miteinander und Lebensfreude. Stattdessen versammelt die verlockend Benannte einfach Frankreichs mimische Sahnehäubchen und läßt spielen, wie das Herz begehrt, angeführt von Catherine Frot. Was grundsätzlich weitere Ausführungen überflüssig macht, automatisch flattern Attribute à la „bezaubernd“, „brillant“ oder „wundervoll“ in den Sinn.

Überhaupt und auf die Gefahr der Wiederholung darf erneut Frankreichs Händchen für luftige, doch nie verkitschte Filmkost lobend geschüttelt werden. Wie Catherine storchengleich über die Hospitalflure stelzt, sich bei der Führerscheinprüfung einem mißgünstigen Grantler ausgesetzt sieht oder, vermutlich nach Dekaden zum ersten Mal, kurz weint, reißt komödiantisch mit und manchmal sogar Wunden auf, wenn auch ziemlich kleine. Eine jederzeit beschwingte Fuß-Wipp-Musikuntermalung komplettiert schließlich das warmherzige Erlebnis für trübe Abende, welches zwar gefühlsmäßig stets auf rosaroten bis tief pinkfarbenen Wolken schwebt, allzu gierigen Optimismus dabei indes meistens unterläuft. Und am Ende gar Anflüge kompetent gedrosselter Hysterie zeigt. Deutschland, wiederholen Sie!

Originaltitel: BOWLING

F 2011, 90 min
FSK 0
Verleih: Alamode

Genre: Komödie

Darsteller: Catherine Frot, Mathilde Seigner

Regie: Marie-Castille Mention-Schaar

Kinostart: 31.01.13

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...