Originaltitel: WONDERLAND

GB 1999, 108 min
Verleih: Universal

Genre: Drama

Darsteller: Gina McKee, Molly Parker, Stuart Townsend, Ian Hart

Stab:
Regie: Michael Winterbottom
Musik: Michael Nyman

Kinostart: 03.02.00

Noch keine Bewertung

Wonderland

London nervt - drei einsame Schwestern auf der Suche nach Erlösung

Michael Winterbottom ist fleißig. Jährlich ein bis zwei Filme dreht er ab. Und WONDERLAND ist sein bisher bezauberndster.

Er begleitet drei Schwestern durch ein regnerisch kaltes Novemberwochenende in London. Das große Los hat bisher keine von ihnen gezogen. Nadja, immer noch Single, verläßt frustriert ihre Verabredung in einer Bar in Soho und gibt wieder eine Kontaktanzeige auf. Diesmal meldet sich ein gewisser Tim, irgendwie die Ausgeburt an Charme. Das relativiert sich, als er nach dem ersten schnellen Sex die gesamte Zimmerbeleuchtung anmacht, sich ein Bier holt und wenig dezent auf genervt macht. Scheiße.

Molly ist hochschwanger und ahnt nicht, welch Alptraum der Verkauf von Einbauküchen für ihren Mann Eddie ist. Eines Tages kommt er nicht nach Hause. Als Molly auf seiner Arbeit anruft, erfährt sie, daß ihm vor einiger Zeit gekündigt wurde. Und Debbie ist mit ihrem elfjährigen Sohn als alleinerziehende Mutter völlig überlastet. Als sie Jack mit ihrem Ex eines Abends alleinläßt, wird der Kleine überfallen und Debbie flippt aus. Eigentlich schon Filmstoff genug. Doch Winterbottom akzeptiert keine Kurzerzählungen. Er schildert mit ergreifenden Bildern den familiären Hintergrund der drei Schwestern. Das Desaster der elterlichen Ehe porträtiert er erstaunlich lebensnah: irgendwann hält die Mutter das alltägliche Gekläffe der Töle des Nachbarn und die passive Haltung ihres Mannes nicht mehr aus. Ihr Frust entlädt sich in einer Verständnis abringenden und dennoch grauenvollen Tat.

Michael Winterbottom steht mit WONDERLAND in der Tradition des New British Cinema, nutzt dessen Unterhaltungswert und geht doch - ähnlich Ken Loach - einen Schritt weiter. Die Emotionen und Erfahrungen seiner Charaktere projizieren sich auf die der Zuschauer. Und daß dabei Erinnerungen erwachen und Tränen fließen, ist nicht zu vermeiden.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.