Bild: CONTRA

20. Filmkunstmesse

14.09.–18.09.2020

Passage, Schauburg

www.filmkunstmesse.de

Erhöhter Gesprächsbedarf zum Jubiläum

Ein Blick auf die 20. Filmkunstmesse

Covid-19 ist – pardon – scheiße, darüber braucht’s kein Gerede. Jetzt hat ja Rußland „Erster!“ gebrüllt, will mit „Sputnik V“ (!) vergangene Herrlichkeit zurückholen, es soll fehlende Tests überstrahlen, daß irgendeine Putin-Tochter den Impfstoff Marke Hektik blutungsfrei absorbierte (Stand: 13.8., 23:03 Uhr). Doch selbst falls dieses Gebräu tatsächlich wirkt: Das Virus trägt eben nicht an allem die Schuld, initiiert wenige neue Entwicklungen, befeuert eher alte. Und da tönt u.a. ein Evergreen, die – von Corona aktuell schwer verstärkte – Kinokrise.

Korrekt, die Schließungen knallten richtig rein, Abstand und private Ängste knüpfen an, viele Menschen agieren notgedrungen sparsamer. Hochsommer war aber in Deutschland immer Lichtspielkiller, das oft beschworene Gemeinschaftsgefühl beschränkte sich schon früher auf dicht gedrängtes Feiern oder Sardinenliegen am Strand; momentan sind das nun Wegweiser zum nächsten Lockdown. Kommt davon, wenn man aus Prinzip blindwütig Regeln niedergrölt oder ganz doll häufig alleine mit dem Smartphone Quality Time verbringt. Sich Filme gar nicht mehr auf großer Leinwand vorstellen mag, ein 40-Zoll-Fernseher macht auch bunte Bilder, das 5.1-System gereicht zum Nachbarsärger.

Verleiher à la Wild Bunch, Neue Visionen oder Warner (TENET!) zeigen Haltung, gehen Risiken ein, bieten Kino. Umgekehrt legt z.B. Disney Starts auf Eis, verhökert MULAN über den hauseigenen Streaming-Dienst, deutet einen weiteren namens „Star“ an, Martin Scorsese arbeitet künftig exklusiv für Apple TV+. Wie gesagt: kein brandheißer Trend, sondern Verschärfung. Wir müssen reden …

Wozu die Filmkunstmesse bestens dient, obwohl sich sicher nicht nur ihre Veranstalter die 20. Ausgabe entspannter, glamouröser vorgestellt haben. Umso dringlicher der Aufruf: Nehmen Sie an der Podiumsdiskussion zum Thema „Das Gesellschaftsbild im Film“ teil! Und, ungleich wichtiger: Stürmen Sie die öffentlichen Vorführungen! Diverse Regisseure stellen ihre Werke vor, darunter gibt Sönke Wortmann zur Eröffnung CONTRA, konkret Christoph Maria Herbst als rassistischem Professor. Zum bislang leider unterm verdienten Wert gelaufenen BERLIN ALEXANDERPLATZ gewährt Burhan Qurbani spannende Infos, und Jim Rakete erklärt, weshalb er Foto- gegen Filmkamera tauschte, um NOW zu drehen, eine „Generation Greta“ gewidmete Doku.

Warum man unbedingt DAVID COPPERFIELD kennenlernen und EINE FRAU MIT BERAUSCHENDEN TALENTEN beim Sinnieren ÜBER DIE UNENDLICHKEIT begleiten sollte, klären Rezensionen im Heft, außerdem liefert Viggo Mortensen mit FALLING sein preisgekröntes Regiedebüt, die Story einer zerrissenen Familie. Auf der Berlinale prämiert wurde der dramatische Roadtrip NIEMALS SELTEN MANCHMAL IMMER, bissige Komik verspricht NOTRE DAME – DIE LIEBE IST EINE BAUSTELLE (der Titel gibt Handlungshinweise), WOMAN läßt Frauen weltweit die Stimme erheben, fürs Midnight Special sorgt der „afrofuturistische Sci-Fi-Film“ bzw. „What-The-F*ck-Thriller“ JESUS SHOWS YOU THE WAY TO THE HIGHWAY. Und gern parallel noch den Weg ins Kino, gerade angesichts unserer turbulenten Zeit.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...