Bild: DREI KRIEGERINNEN

5. Lateinamerikanische Filmtage

13.11.–25.11.2014

Cineding, Cinémathèque, Schaubühne Lindenfels

Das „Wir“ soll gewinnen

Die Lateinamerikanischen Filmtage zum 5.

Menschlichen Schicksalen trägt das diesjährige Programm mit politischer Prägung Rechnung – ob nun ESTELA nach ihrem Enkel sucht, LAS CRUCES DE QUILLAGUA das Sterben eines Dorfs schildert oder PRAIA DO FUTURO eine problematische schwule Beziehung beleuchtet. VENIMOS DE MUY LEJOS begleitet hingegen eine Gruppe Theaterschaffender in Buenos Aires, welche der argentinischen Geschichte nachspüren. Das Versprechen, Realität und Fiktion aufzulösen, wird mit Gesang, Marionetten und dokumentarischen Ausflügen eingehalten, allerdings stellt das Ergebnis den Willen zur ungewöhnlichen Form oft über Inhalt.

Ganz anders DREI KRIEGERINNEN: Hier kämpft ein Frauen-Trio friedlich gegen Gewalt in Kolumbien. Diana, die Rapperin, stärkt durch deutliche Texte ihren Geschlechtsgenossinnen den Rücken. Bibliothekarin Yamili bringt Kindern das Lesen und Bildung nahe. Schließlich engagiert sich Witwe Teresa nach der Ermordung von Eltern und Bruder für Hinterbliebene gleicher Grausamkeiten, verleiht den Opfern eine Stimme. So unterschiedlich die drei Damen vorgehen, so sehenswert der Film.

Ähnliches gilt für die Betrachtung indigener Gemeinden Südmexikos, die verdeutlichen: DER WIND SIND WIR! Ein Windpark soll entstehen, die Firmensprecherin redet alles schön und läßt – natürlich – manches unerwähnt. Unter anderem, daß der Bevölkerung jenes Projekt nichts bringt außer Zerstörung des Lebensraumes. Wie Korruption und Attentate seither an der Tagesordnung sind. Oder den Umstand, hier ein ganzes Ökosystem in Gefahr zu bringen. Dazu zeigen Animationen: Unter dem Deckmantel „grüner Energie“ geht‘s um eine weltweite Entwicklung, namentlich unsauberen Emissionshandel.

Schließlich sei auch LA CORPORACIÓN dringend empfohlen: Manager Felipe Mentor hat keinen Grund zur Klage, das Unternehmen brummt, und seine junge Gattin Luz erfüllt ihm jeden Wunsch. Klar scheint, wie wenig echte Liebe da im Spiel ist, natürlich gilt Luz’ Zuneigung Felipes Geld – aber anders, als man vermutet. Regisseur Fabián Forte löst die Hintergründe früh auf, packt dann immer noch eine Spiralwindung dazu, läßt die anfängliche zynische Satire zum bitteren Drama wechseln, bis schlußendlich Obsession und Einsamkeit teuflisch grinsen. Und erst die fiese Pointe fügt dem Puzzle ein letztes Teilchen hinzu. Großartiges Kino als Höhepunkt zweier nicht verpaßbarer Wochen, die weitere Filme, Diskussionen sowie Workshops vervollständigen.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...