Originaltitel: COUP DE CHANCE

F 2023, 96 min
FSK 12
Verleih: Weltkino

Genre: Liebe, Thriller

Darsteller: Lou de Laâge, Valérie Lemercier, Melvil Poupaud, Niels Schneider

Regie: Woody Allen

Kinostart: 11.04.24

7 Bewertungen

Ein Glücksfall

... und das Schicksal als mieser Verräter

Wann immer es heißt „Woody Allen dreht“, hüpft mir das Herz. Wobei es dem Altmeister im Zuge einer teils hysterischen MeToo-Agenda schwer geworden ist zu arbeiten. In Amerika zu drehen, scheint aussichtslos, nach Frankreich hat es ihn zuletzt verschlagen, dort fand er vorurteilsfreie Produzenten, gut so! Mich interessiert das Getuschel über Allens kantige Familienhistorie nicht, es steht mir nicht zu, all diese vagen Behauptungen moralisch zu werten. Und ich kenne Allen nicht, aber ich kenne seine Filme. Und ich liebe sie alle, nicht jeden gleichermaßen, aber es sind schon unfaßbar viele Preziosen dabei. Man denke wirklich nur sehr auszugsweise an DER STADTNEUROTIKER, MANHATTAN, HANNAH UND IHRE

SCHWESTERN, SWEET AND LOWDOWN, SCHMALSPURGANOVEN, BLUE JASMINE, VICKY CRISTINA BARCELONA, MIDNIGHT IN PARIS oder MATCH POINT.

An Letzteren erinnert nun auch sein neuester, mittlerweile 50. Film. EIN GLÜCKSFALL hat wirklich viel von dem, was einst MATCH POINT ausmachte. Es sind Begegnungen, die schicksalhaft werden, wie die, wenn die verheiratete Fanny auf einen ehemaligen Schulkameraden trifft, der ihr umgehend gesteht, daß er schon immer in sie verschossen war, sie erwähnt ihre stabile Ehe, sie sehen sich trotzdem wieder. Und es sind diese wunderbar dahingetupften Dialoge, nur scheinbar oberflächlich, ein Satz fließt in den nächsten, das glückt wirklich nur Allen so geschmeidig und zielführend. Und als Fannys Mann Jean den immer häufigeren Treffen auf die Spur kommt, wird aus einem vormals leichten Paris-Film hochspannender Thrillerstoff. Rumänisches Killerkommando inklusive ...

Diese hingetupften Schicksalsskizzierungen, dieses Kreuzen von Milieus, dieses verzahnte Auf- und Abblenden und diese klug dirigierten Richtungswechsel und Spannungssteigerungen! Allen überfrachtet nie, von Jean weiß man vorerst nur, daß er nicht an Schicksal glaubt, reiche Leute reicher macht, die Hirschjagd liebt und ihm schon mal ein Geschäftspartner derart verstarb, daß es nicht zu Jeans Nachteil sein sollte. Eine vorerst sanfte Geschichte erzählt bald über Niedertracht in durchaus Shakespearescher Wucht, und wenn das wirklich Allens letzter Film sein soll, dann gilt für Allen und das Filmende gleichermaßen: Was für ein Abgang!

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.

Ein Glücksfall ab heute im Kino in Leipzig