Originaltitel: MILITARY WIVES

GB 2019, 112 min
FSK 6
Verleih: Leonine

Genre: Tragikomödie, Musik

Darsteller: Kristin Scott Thomas, Sharon Horgan, Emma Lowndes, Greg Wise, Jason Flemyng

Regie: Peter Cattaneo

Kinostart: 15.10.20

4 Bewertungen

Mrs. Taylor’s Singing Club

They Are Family!

James King vom BBC Radio 2 holte bei seiner Besprechung entschlossen weit aus und bejubelte den „Feel-Good-Film des Jahres“ – etwas zu euphorisch, grundsätzlich trotzdem nicht unzutreffend. Weil diese Mrs. Taylor gleich einem Lieblingslied süß im Ohr schallt: tausendfach vernommen, längst auswendig gelernt und fern überraschender Notenführung, ungeachtet dessen stramm an die Brust gedrückt und selbst beim 1001. Mal noch ein Seelenstreichler.

Wie ewig lebende Hits von Dido, Cyndi Lauper oder Human League, welche hier zu behaglichem Gehör kommen. Intoniert von Soldatenfrauen, während Auslandseinsätzen einsam und ruhelos an der Heimatfront verblieben, auf gegenseitige Hilfe und Ablenkung angewiesen. Unhaltbarer Zustand, findet Oberst-Gattin Kate, regt daher „Exciting Activities“ an, wobei Stricken komplett ausufert. Mehr Erfolg verspricht die titelgebende Konzentration auf gemeinsame Gesänge, folgerichtig werden wacklige Tonleitern erklommen und vorerst schrille Laute ausgestoßen. Bis die Royal Albert Hall lockt …

Regisseur Peter Cattaneo gab ja bereits in seinem One-Hit-Wonder GANZ ODER GAR NICHT publikumsfreundlicher Konsonanz den klaren Vorzug vor herausfordernder Dissonanz und behält jenes bewährte Prinzip unbeirrt bei. Das bedeutet dann eben auch, einen der Männer sterben und seinen Tod erstaunlich pragmatisch aufnehmen zu lassen. Zurückhaltende Trauer und nüchterner Umgang mit dem Verlust mögen verständlich sein, da jede der Damen weiß, was sie potentiell erwartet. Sorgt sich die Witwe allerdings primär um ihren Verbleib auf dem Stützpunkt und Funktion als Chormitglied, setzt Cattaneo deutlich vergnügungswillige Prioritäten, verstaut sämtliches das Wohlgefühl möglicherweise störendes Beiwerk unter einem klingenden, singenden Überbau. Wo Kristin Scott Thomas, Inbegriff kühler britischer Eleganz, geradezu aus sich herausschießt, Kate punktgenau zwischen spröde-vertrockneter Gesangslehrerin und höhergelegte Runden drehender „Ehefrau von …” verortet, dazu soll das stolz vorgestreckte Kinn ein oft unsicheres, traumatisch angeknackstes Herz kaschieren.

Insgesamt mag Cattaneo es zwar versäumen, einen echten Evergreen zu komponieren, aber man darf sich das auf Harmonie bedachte Stück gern zu Gemüte führen, manche Freude inklusive, beispielsweise angesichts einer der schönsten Kino-Liebeserklärungen aller Zeiten: „Piss Off, Richard!“

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...