Originaltitel: GOYA’S GHOSTS

Spanien/USA/F 2006, 114 min
Verleih: Tobis

Genre: Drama

Darsteller: Stellan SkarsgŒrd, Javier Bardem, Natalie Portman, Michael Lonsdale, Randy Quaid

Regie: Milos Forman

Kinostart: 23.11.06

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Goyas Geister

Gespensterbilder einer Epoche

Francisco de Goya habe seit einem Filmdreh in Madrid in Milos Formans Kopf herumgespukt, so ist zu lesen. Über zwanzig Jahre mußte der spanische Hofmaler allerdings warten, bis er in einem echten, wenn auch nicht grandiosen Forman-Film wiederauferstehen konnte. Denn zuerst entstand mit AMADEUS das Opus Magnum des gebürtigen Tschechen - ein knallbuntes Wunderkind-Melodram für einen genialen Kretin. Bis heute ist Forman die Liebe zu den sorgfältig ausgestatteten Kinobildern geblieben. Bis heute ist sein Erzählstil konventionell, wenn auch nicht ohne Raffinesse. Weiterhin läßt er sich von Charakterköpfen beflügeln. Und welchem Regisseur würden Stellan SkarsgŒrd und Javier Bardem keine Flügel verleihen?

Zu den dramaturgischen Finten gehört, daß der Titelheld der fiktiven Handlung eine Filmfigur unter vielen bleibt. Seine Geister, die Henker und Opfer der unter der Hand vertriebenen Kupferstichfolgen, werden zum eigentlichen Movens der Geschehnisse, nämlich Anlaß für eine Verschärfung der katholischen Aufsicht über diese Welt. Derweil gerät Goya selbst in die Rolle des machtlosen Chronisten. In seinem Porträt-Atelier empfängt er, gegen angemessene Bezahlung natürlich, Opfer und Täter der Zeit: Die jungfräuliche Inés, die wegen einer Lappalie in den Kerkern der Inquisition verschwinden wird, und den Opportunisten Pater Lorenzo, der zuerst der spanischen Kirche und später den französischen Besatzern zu Diensten ist. Nach Kriegen, Folter und Willkür wird die eine wahnsinnig, der andere zum Tode verurteilt, ein Kind geboren und Goya taub sein.

Formans moralisch eindeutiges, wenn auch vielfältiges Zeit- und Sittengemälde gibt sich unbarmherzig. Doch selbst in den intimen Momenten, die bei aller visuellen und gebündelten historischen Wucht die einleuchtendsten bleiben, tritt er in eine Konkurrenz, die nicht zu gewinnen ist. Weder in der Grausamkeit, noch im grotesken Gegenüber von Erniedrigten und schrillen Siegern kann Forman Goyas Bilderwelt etwas Eigenes, gleichwohl Adäquates entgegensetzen. Stattdessen gibt es Bildzitate - in Licht und Farben sauber durchgeführt, immer im Dienste der Zeit und einer zeitgemäßen Zuspitzung.

[ Sylvia Görke ]