Originaltitel: THE DANCER UPSTAIRS

Spanien/USA 2001, 124 min
Label: Kinowelt

Genre: Thriller, Literaturverfilmung, Liebe

Darsteller: Javier Bardem, Laura Morante, Juan Diego Botto, Lucas Rodríguez

Regie: John Malkovich

Der Obrist und die Tänzerin

John Malkovich ist als Virtuose der Undurchsichtigkeit längst Legende. Ein ganzer Film grübelte ironisch seinem Innenleben nach, und nun kann man zumindest über einen seiner Wesenszüge vollkommen sicher sein: Mut. In seinem Regiedebüt läßt er sich auf den waghalsigen Spitzentanz ein, einen fast unentwirrbar komplexen Roman in Film zu übersetzen.

Nicholas Shakespeares "The Dancer Upstairs" fiktionalisierte die Ereignisse um die peruanische Terror-Bewegung Leuchtender Pfad und die Festnahme ihres Anführers Abimael Guzmán zu einer düsteren Parabel über Recht und Gerechtigkeit, über Staats- und Guerilla-Gewalt, die sich von Namen und Daten entfernt, um zu den Menschen dahinter zu gelangen. Auch Malkovichs Adaption atmet diese beängstigende Vagheit. Ein namenloser Andenstaat, verwahrlost und verwildert unter einer korrupten Regierung, zerrissen von den Grenzen zwischen Rassen und sozialen Schichten. Ein Phantom namens Presidente Ezequiel hat sich den stummen Wütenden vorangestellt: erhängte Hunde am Straßenrand sind die ersten Zeichen dieser verschwiegenen Revolution, Attentate und bestialische Ritualmorde säumen ihren Weg aus den Bergen in die Hauptstadt. Der Polizist Agustín Rejas wird mit den Ermittlungen betraut. Sie führen ihn schließlich nach Jahren in die Ballettschule von Yolanda, die seiner Tochter das Tanzen beibringt, und mit der ihn eine zur Liebe heranwachsende Zuneigung verbindet.

Malkovich ist sichtlich darum bemüht, den Polizei-Thriller, die geheimen Mechanismen des blutigen Aufstandes, die fragile Geschichte einer Annäherung zu einem Ganzen zu fügen. Die Balance gelingt nicht immer. Wo die Literatur mit der Verweiskraft von Worten die Ebenen übereinander schaltet, hat er nur eine Oberfläche zur Verfügung. Seine journalistisch-reportagehafte Bildsprache formuliert Grausamkeit und Verwirrung, nicht aber die politischen und ethischen Dimensionen der Geschichte.

Dennoch fesselt und beeindruckt dieses filmische Wagnis: weil die Atmosphäre von Beklemmung und Angst im Gedächtnis bleibt, und weil der Hauptdarsteller Javier Bardem heißt.

[ Sylvia Görke ]