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Bis später, Max!

Liebeserklärung an das Leben im Alter

Max Kohns Alter, er hat die 80 schon überschritten, zählt man gemeinhin nicht mehr zu den „besten Jahren“, aber Lebenshunger und Lebenslust haben den einst in die USA emigrierten jüdischen Schriftsteller nicht verlassen. Im Gegenteil: Von seiner Dauerfreundin Reisel eifersüchtig beargwöhnt, schlittert er, dabei vollkommener Gentleman, von einem amourösen Abenteuer ins nächste. Mit dem Antritt einer lang geplanten Lesereise in die amerikanische Provinz beginnt Max eine Geschichte zu schreiben, deren Held sein Alter Ego ist. Allmählich verwischt die Grenze zwischen Realität und Fiktion. Aber ist das von Bedeutung, wenn man jeden Tag dem Begehren in Gestalt einer anderen Frau begegnet?

Jan Schütte porträtiert mit großer Wärme einen agilen Mann, der neben einer unerschöpflichen literarischen Phantasie eine unendliche Liebe zum Leben in sich trägt. Seine Geschichte erzählt er als Roadmovie, wobei die Stationen des Protagonisten – ob nun real oder fiktiv – gleichsam eine rückwärts gewandte Leserichtung erlauben. Max Kohns Reise, obwohl in der Gegenwart angesiedelt, scheint zugleich eine in die Vergangenheit zu sein. Die verschiedenen Frauen, die seinen Weg kreuzen, verkörpern all die Rollen, die sie in seinem Leben und in seiner Phantasie innehaben, wobei er selbst dies als finale Einsicht in das Spektrum weiblicher Sehnsüchte und Begierden zu erleben scheint. Nahe liegt, daß die getreue Reisel, ausgestattet mit einem untrüglichen Gespür für romantische Momente mit Nebenbuhlerinnen, diejenige ist, die als letztlich doch tolerante und vertrauteste Freundin eine Dauerstellung an seiner Seite innehat, gleich einer Ehefrau. Das aufdringliche Zimmermädchen in einem Motel mag für eine überraschende Affäre stehen, die ehemalige Studentin für die heimliche, bewundernde Liebe, und bei der Begegnung mit einer unglücklichen Nachbarin scheint Max Kohn ein Retter zu sein, der selbst Rettung nötig hat.

Bei all dem, was vom Lebendigsein erzählt und die tradierte Gleichsetzung von Alter und Weisheit unterhaltsam und dabei keineswegs diffamierend in Frage stellt, schwingt aber auch ein Abschied mit: ein Abschied vom Leben, der eine Versöhnung mit den verpaßten Chancen bedingt und auch die dankbare Erkenntnis, daß man nicht alles erleben mußte.

Der Eingang in das Universum des Max Kohn, den Otto Tausig hier kongenial verkörpert, bleibt einem schlußendlich verwehrt, aber ihm zuzusehen ist dennoch ein melancholisch-humoriges Erlebnis.

Originaltitel: LOVE COMES LATELY

D/Österreich 2007, 85 min
FSK 12
Verleih: 3Rosen

Genre: Biographie, Liebe, Tragikomödie

Darsteller: Otto Tausig, Rhea Perlman, Barbara Hershey, Tovah Feldshuh

Regie: Jan Schütte

Kinostart: 09.04.09

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.