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Contact High

Ein Männerfilm der besonderen Art

Sie wußten garantiert nicht, was sie tun. Und so dürfte den lieben Förderern, die gleich am Anfang brav – das einzige Brave an diesem Film – aufgelistet werden, die Augen arg nervös geflimmert haben, als sie ihr Baby erstmals bestaunen durften und gleich zum Auftakt auf einem wüsten Feld eine merkwürdige zappelnde Reisetasche sahen – mit floralem Muster. Aber so viel vorweg – die Wächter über kulturell wertvoll verbratene Steuergelder haben komplett richtig entschieden. CONTACT HIGH ist durchaus krank, dabei schön deppert, herrlich abgefahren, hochgradig infantil, kurzum: Muß man gesehen haben! Die Geschichte ist dabei wenig komplex, eher kurz und knackig, wie man’s halt manchmal liebt.

Das schon erwähnte blumig-verzierte Reisegepäck steht im Mittelpunkt, diese Tasche gehört einem gewissen Carlos, der sieht böse aus, ist also eine Art Drogenbaron, jetzt soll das Behältnis nach Hause geholt werden. Und weil so ein Film ja nun mal mindestens 90 Minuten zu dauern hat, werden dafür zuerst zwei hausgemachte Deppen losgeschickt, um in Polen das Ding zu übernehmen. Dem traut wiederum der erzschwule und fantastisch blond getunte Harry nicht, der sich mit großem inneren Widerstand von seinen durchtrainierten Automechanikern löst und mit dem durchgeknallten Schorschie ebenfalls die Reise antritt ...

Da sich in der Tasche eine ominöse Masse an bewußtseinserweiternder Substanz befindet, dürfte schnell klar sein, was Phase ist: In CONTACT HIGH wird gekifft, gezogen, gesnifft was das Zeug hält, alles was knallt und drischt wird konsumiert, vorneweg der kaputteste Typ von allen – der Schorschie. Und weil eben jede Menge Trottel, die nicht ohne Sympathie sind, sich auf der Suche nach dem Stoff befinden und sich dabei – teils, wie es der Titel Kennern verrät – auch ohne eigenes Zutun ordentlich wegbeamen, ist mindestens für gehörigen Spaß gesorgt. Man reibt sich schon ein wenig die Augen, entpuppt sich der doch mehrheitlich als dokumentarischer Ernstling aufgefallene Michael Glawoggger als vogelfreier Filmanarcho, der sich vor nix scheut, auch nicht davor, dem Charaktermimen Georg Friedrich eine leidlich echt wirkende Strandhaferperücke an den Kopp zu pappen, der sich auch nicht vor einer kleinen, feinen Lovestory mit einer frivol-billigen Russin drückt – vor einer haarsträubenden, brüllkomischen Verfolgungsjagd zwischen Ford Mustang und Fiat Panda sowieso nicht.

Glawogger spielt zudem wunderbar flapsig mit Thai- und Polenklischees, in der Nuttendisko in Lodz dreht er dann so richtig schön am Sender. Ganz nebenbei definiert er das Straßenkampf-Bonmot „Bullenschweine“ neu und kitzelt aus seinem spielfreudigen Cast Grandezza pur. Gerade beim schon erwähnten Friedrich, der als Schorschie in einer markigen Szene im Hühnerstall wie ein ganz ganz böser Bruder von Klaus Kinski auffährt, und – an sich selbstverständlich und kaum erwähnenswert – beim als Chefschwuli brillierenden tollkühnen Buck. Bei dem ist eh „alles chico“ ...

CONTACT HIGH ist ein Männerfilm der besonderen Art, hier versuchen sich ein paar Kindsköpfe auf sehr charmante, auf sehr schräge Weise, an der Weltenrettung, die eben in jener floralbestickten Reisetasche kauert. Und dabei ist die Botschaft so simpel wie überzeugend: Jeder will nur lieben und geliebt werden. Manchmal braucht’s dazu nur die richtigen Halluzinogene! Schön, wenn sich Kino mal nicht so ernst nimmt!

Österreich/D 2009, 95 min
Verleih: Delphi

Genre: Komödie, Schräg

Darsteller: Detlev Buck, Michael Ostrowski, Georg Friedrich

Regie: Michael Glawogger

Kinostart: 18.06.09

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.