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Das Wunder von Bern

Vitrinenkino - Berühren verboten!

Christa Lubanski hat sich nach dem Krieg mit ihren drei Kindern redlich durchgeschlagen. Der Älteste macht Musik, die Tochter entdeckt gerade die Männerwelt, und Matthias, der Jüngste, spielt am liebsten Fußball. Dann kehrt Ehemann und Vater Richard aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Er kann nicht verstehen, daß die Familie ohne ihn gut zurecht kam, er verschließt sich. Wir schreiben 1954, das Jahr der Fußballweltmeisterschaft É

Die bundesdeutschen Straßen müssen an jenem 4. Juli 1954 wie leer gefegt gewesen sein. Einer ganzen Nation stockte der Atem, als ihre Mannschaft Wunderbares vollbrachte: "Deutschland schlägt Ungarn mit 3:2 im Finale in Bern!". Es war amtlich, ein kollektiver Jubelschrei, ein Lichtblick am trüben Nachkriegshimmel. Noch Jahre später fragten sich die Leute "Wo warst du am Tag, als wir Weltmeister wurden?" Sönke Wortmann war noch nicht geboren. Mit dem WUNDER VON BERN begibt er sich mit dem Publikum auf eine Entdeckungsreise und erweist sich als lausiger Fremdenführer, der ins staubige Provinzmuseum entführt, obwohl nebenan die prachtvolle staatliche Sammlung wartet. Statt Gefühle und Momente spürbar zu machen, rekonstruiert er detailwütig Situationen. Statt Schauspieler zu führen, choreographiert Herr Wortmann teure Kostüme inmitten noch teuererer Kulissen. Und statt modernes Kino zu machen, bereitet er uns ein derart altbackenes Retro-Spektakel, daß man hinter jeder Pappwand mit Furcht Marika Rökk erwartet. Und wenn Schwarz-Weiß-Effekte den damaligen Fernsehlook simulieren sollen, wird’s richtig peinlich.

Sönke Wortmann will die schwere Zeit im Nachkriegsdeutschland ebenso intensiv beleuchten, wie das legendäre Finale der Weltmeisterschaft und landet nicht mal einen Zufallstreffer. Louis Klamroth als junger Fußballfan ist zwar ein frisches Talent, und Peter Franke gibt den Sepp Herberger, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Doch kaum ist man optimistisch gestimmt, plärrt das Orchester aufs Pathetischste los, und man möchte die rote Karte zücken. So nicht Herr Wortmann, zumindest nicht mit uns!

D 2003, 118 min
Verleih: Senator

Genre: Drama

Darsteller: Louis Klamroth, Peter Lohmeyer, Peter Franke

Regie: Sönke Wortmann

Kinostart: 16.10.03

[ Roman Klink ]