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Grace Is Gone

Leise Trauer

9 Uhr morgens in einem Haushaltwarenladen in Minnesota. Stan Phillips schwört sein Team auf den Arbeitstag ein: Give Me An H, Give Me An O, Give Me A M - Home Store! Phillips wirkt so bieder wie die Waren, die er anbietet. Auch das Haus, in dem er mit seiner Familie lebt, verströmt den Standardcharme einer Plüschpolstersitzgruppe aus dem Katalog. Aber etwas ist anders, als in anderen Familien im Mittelwesten, denn Stan ist es, der sich um seine beiden Töchter Heidi und Dawn kümmert, während seine Frau Grace als Sergeant im Irak dient. Als einziger Mann sitzt er beim Kaffeekränzchen der Soldatenfrauen. Auch hier unfähig über seine Gefühle zu reden. Stolz sei er auf seine Frau, die ihre Pflicht für das Vaterland erfülle, wiederholt er für sich und den Rest der Welt gebetsmühlenartig. Vor allem gegenüber den Mädchen, denen streng verboten ist, sich Sendungen über den Irakkrieg im Fernsehen anzusehen. Eines Tages dann die Nachricht, die jegliche Ordnung über Bord wirft: Grace ist gefallen.

James C. Strouse findet in seinem Regiedebüt, welches auf dem Sundance Filmfestival den Publikumspreis und den Preis für das beste Drehbuch gewann, einen undogmatischen, anrührenden Weg, einen Antikriegsfilm ohne große Geste und offensichtliche Botschaft zu inszenieren. Er verläßt sich auf das, was im Dialog seiner Figuren entsteht und vermeidet es, das amerikanische Kleinstadtklischee allzuoft zu bedienen. John Cusack gibt unglaublich authentisch den überforderten Vater, der unfähig ist, seinen Töchtern die Wahrheit zu erzählen. Stattdessen fährt er mit ihnen quer durch die Staaten nach Florida, in den Freizeitpark "Enchanted Gardens".

Diese Reise bringt ihn nicht nur den wahren Bedürfnissen seiner beiden Mädchen näher, sondern er kann sich endlich eingestehen, daß er seit Jahren in der Rolle des gefallenen Helden lebt. Nie konnte er ganz verwinden, derjenige in der Soldatenfamilie zu sein, der aufgrund einer Sehschwäche nicht an die Front durfte. Dieser Makel hat ihn emotional und körperlich ungelenk werden lassen. Sein - im Gegensatz zu Stan - liberaler Bruder, erinnert ihn außerdem daran, daß man auch Kinder für sich selbst denken lassen muß. Dawn und Heidi - wunderbar natürlich gespielt von Gracie Bednarczyk und Shélan O’Keefe - stellen die universale Frage: Was ist Pflicht, wenn man nicht wirklich daran glauben kann, daß sie das Richtige erfüllt?

Originaltitel: GRACE IS GONE

USA 2007, 85 min
Verleih: Central

Genre: Drama

Darsteller: John Cusack, Shélan O’Keefe, Gracie Bednarczyk, Alessandro Nivola

Regie: James C. Strouse

Kinostart: 28.08.08

[ Susanne Schulz ]