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Leben in mir

Ich erklär Dir die Welt

Eine junge Frau eilt glückselig durch den Park und zählt die größten Seen der Welt auf. Sie ist nicht verrückt, nur schwanger.

Eva ist 22 Jahre alt. Wenn sie an der Tankstelle arbeitet, schaltet ihr Blick auf unendlich, und sie wird still. Doch selbst im Blaumann, mit Tuch um den Kopf und dem Duft der Autobahn auf der Haut umgibt sie diese geheimnisvolle Aura. Eva will mehr vom Leben, sie weiß nur noch nicht was. Die Nachricht von ihrer Schwangerschaft trifft sie wie ein Schlag. Was soll sie diesem kleinen Wesen für ein Leben bieten? Sie wohnt noch zu Hause, hat keinen Schulabschluß, keinen Freund. Im Krankenhaus beobachtet sie jedoch, wie eine andere junge Mutter ihr Ungeborenes überglücklich als Ultraschallbild betrachtet. Von nun an steht für Eva fest: sie will dieses Kind. Sie spricht mit ihm, erklärt ihm die Welt, während es in ihrem Bauch wächst. Es hört sie, da ist sie sicher.

War polnisches Kino bislang meist Besuchern einschlägiger Festivals und Wettbewerbe ein Begriff, so zeugt dieses Werk von der vitalen, jungen Kinolandschaft unserer östlichen Nachbarn. Ein atemberaubender Augenaufschlag eröffnet LEBEN IN MIR - Malgosia Belas durchdringender, geheimnisvoller Blick. Die Hauptdarstellerin zierte bislang internationale Laufstege und zieht in ihrem Kinodebüt den Zuschauer sofort in ihren Bann. Leider verläßt sich Regisseurin Szumowska zu sehr auf die Wirkung ihrer Muse und versäumt, ihren furiosen visuellen Einfällen inhaltliches Fundament zu geben. Ihr gelingen einprägsame, traumartige Szenen, wenn sie Eva auf die Suche nach der Liebe (die sie irrtümlich beim sympathischen Nichtsnutz Michal sucht) in drogenverhangene Katakomben schickt. Hingegen gut beobachtet und geradezu greifbar authentisch sind Momente, die Eva mit ihrer fordernden Mutter und ihrem dementen Vater zeigen. Diese Konflikte und Evas schwierige Freundschaft zur Prostituierten Ivona, die den Strich für ein ruhiges Eheleben in der Provinz endlich aufgeben will, wirken wie notwendige und vor allem willkommene Fußfesseln der Realität. Doch all dies sind äußere Symptome einer Geschichte, bloß eine leere Hülle.

Das Innenleben einer Veränderung vermag die Regisseurin nicht zu greifen. So entsteht das Gefühl, eine Scheinschwangerschaft zu beobachten, die kreative Geburt ist greifbar nah und bleibt doch aus.

Originaltitel: ONO

Polen/D 2005, 95 min
Verleih: Pandora

Genre: Drama, Poesie, Liebe

Darsteller: Malgosia Bela, Marek Walczewski, Teresa Budzisz-Krzyzanowska

Stab:
Regie: Malgosia Szumowska
Drehbuch: Malgosia Szumowska

Kinostart: 10.08.06

[ Roman Klink ]