1 Bewertung

Maria am Wasser

Vom knöcheltiefen Tiefsinn

Ja, ja. Oder besser: Nein, nein. Nichts bleibt, wie es ist. Die Elbe und das Leben. Die Ideen und die Ideologien. Und die Geschichte sowieso – alles fließt. „Panta rhei“ – wie da reflexhaft selbst der Halbbildungsbürger raunen würde, gedenk der Erkenntnis des ollen Heraklit, daß man eben nie zweimal in den selben Fluß steigt.

Es war einmal ein kleiner Junge, der ertrank mit drei Freunden in der Elbe, weil in der DDR, dem Land, in dem der Junge aufwuchs, die Soldaten so freundlich waren, abenteuerlustigen Bälgern auch mal eine Flußdurchquerung im Panzer zu schenken. Im Fall des kleinen Jungen ging das gehörig schief. Der Panzer samt Insassen soff ab. Große Trauer senkte sich auf den kleinen Ort an der Elbe, die gleichgültig weiterfloß. Wie die Zeit, die die DDR dann auch bald mit sich ins Nirgendwo nahm … Doch dann taucht da 22 Jahre später Orgelbauer Markus auf und behauptet, eines der Panzerkinder zu sein. Und plötzlich scheint die Zeit still zu stehen. Und Erinnerungen und Geheimnisse treten ans Licht, und Wunden brechen auf und …

… ein Film nimmt seinen Lauf, der das alles anreißt und zerfasern läßt und neu verknotet und wieder aufdröselt. Und der nicht erzählt, sondern irgendwie verträumt vor sich hin stolpert. Der sich eine weltvergessene Provinzenklave im Sächsischen in eine Traumlandschaft, ein poetisches Refugium umbaut, in das er sich, lyrisch tastend und philosophierend, Realitätsbruchstücke holt.

MARIA AM WASSER ist wie ein Märchen entrückt und elegisch. Und doch so schwerfällig. Weil die Dialoge hier wie Ziegelsteine aus dem Mund der Schauspieler plumpsen. Weil die Poesie unter angestrengter Bedeutungsschwere röchelt. Weil dem Philosophieren das Spielerische – und damit das Tiefsinnige – fehlt, und die Metaphern, vom Wiederaufbau der alten Dorforgel, bis zu verkauften Kindern, leeren Gräbern oder wissenden Fährmännern, einfach zu wenig metaphorisch sind.

Thomas Wendrichs Regiedebüt ist ein Film über die Dinge, die gehen, und den Schmerz, der bleibt. Über Traum und Kunst, die vor dem einen bewahren und das andere lindern sollen. Und ja: Es ist verdammt noch mal gut, daß ein deutscher Regisseur ein Erzählen versucht, das Kunst wagt, das nicht die Schimäre einer Authentizität klischierten „Sozialkinos“ reitet und das Konventionen aufbrechen und einen eigenen Ton finden will. Und ja, es ist schade, daß das hier nicht aufgeht. So ambitioniert MARIA AM WASSER ist – der Film dümpelt im Flachen.

D 2006, 98 min
FSK 12
Verleih: Timebandits

Genre: Drama

Darsteller: Alexander Beyer, Marie Gruber, Falk Rockstroh, Hermann Beyer

Regie: Thomas Wendrich

Kinostart: 23.04.09

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.