Originaltitel: MIJN BIJZONDER RARE WEEK MET TESS

NL/D 2019, 84 min
FSK 0
Verleih: Farbfilm

Genre: Erwachsenwerden, Abenteuer, Kinderfilm

Darsteller: Sonny van Utteren, Josephine Arendsen

Regie: Steven Wouterlood

Kinostart: 03.09.20

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Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess

Ein traumwandlerischer Sommer

Sommer heißt im besten Fall endlose Tage, an denen man sich treiben lassen kann. Und Sam, der mit seiner Familie ein Ferienhaus auf einer niederländischen Insel bezieht, darf für sich sein, alleine losziehen. Es scheint auch keine Touristenmassen und keinen Souvenirladen neben dem nächsten zu geben. Und auch kein schnelles WLAN. Schon deshalb hat Anna Woltz in ihrem Roman eine Kinderwelt entworfen, die sich vor allem Erwachsene ersehnen, und die Regisseur Steven Wouterlood in jene traumwandlerische Sommeratmosphäre taucht, die es eben braucht, um Dinge zu entdecken.

Sam ist zehn und beschäftigt sich gerade ausgiebig mit dem Tod. Als Jüngster der Familie, so hat er sich ausgerechnet, wird er am längsten leben und muß deshalb üben, alleine klarzukommen. Leider bricht sich Sams großer Bruder im von Sam zum „Alleinheitstraining“ ausgehobenen Sandgrab den Knöchel und muß mit dem Vater ins Krankenhaus. Die Mutter hat Migräne, und so trifft Sam auf Tess, als er wieder über die Insel stromert. Tess ist etwas älter und hat eine Energie, die den introvertierten Sam magisch anzieht. Bald hat Tess den „Zwergtouristen“ mit in ihre Pläne involviert. Da ihre Mutter sich weigert, mit der Sprache herauszurücken, wer denn ihr Erzeuger ist, hat sich Tess selbst auf seine Spur gemacht. Der mögliche Anwärter auf die Position Vater wurde mit dem fingierten Gewinn einer Urlaubsreise in den Bungalow gelockt, den Tess’ Mutter vermietet. Jetzt soll geprüft werden, ob er was taugt.

Wouterlood inszeniert keine straighte Familienfindungsgeschichte, zumindest bis ins letzte Drittel nicht, sondern mäandert mit den Kindern leichtfüßig über die Insel. Es wäre dieser Kinderfilmperle zu wünschen, daß viele Famllien in den Kinosessel sinken und die Kinder sich dann gewöhnen, daß nix auf Action geschnitten ist. Man aber beobachten kann, sich in den Fluß der Bilder und der Erzählung begeben. Mit Sam in den Himmel gucken, einem Krebs zuschauen. Fast wünschte man, die Regie hätte das bis zum Ende durchgehalten. Denn nicht jede Suche muß in ein Finden münden, auch wenn das dramaturgisch bekömmlicher ist. Und Sam nebst Zuschauern hätten mitbekommen, daß manche Fehler, die man macht (und sich über die Grenzen anderer hinwegsetzen ist einer) nicht automatisch wieder gut werden. Sondern man sie mit sich rumträgt, bis sie irgendwann nicht mehr so weh tun.

[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...