Originaltitel: SILENCE

USA 2016, 162 min
FSK 12
Verleih: Concorde

Genre: Drama, Historie

Darsteller: Andrew Garfield, Adam Driver, Liam Neeson

Regie: Martin Scorsese

Kinostart: 02.03.17

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Silence

Scorseses Erzählung von der Stille im Sturm

1638 brechen die Jesuiten Sebastião Rodrigues und Francisco Garupe von Portugal auf nach Japan. Zwei junge Männer, gut und gern mit „beseelt“ zu beschreiben. Beseelt von ihrem Glauben, der sie zugleich an der Nachricht zweifeln läßt, daß ausgerechnet ihr einstiger, so hochverehrter wie berühmter Mentor Cristóvão Ferreira im fernen Japan vom Christentum abgefallen sein soll. Als Missionar ausgezogen, das Wort Gottes zu verkünden, nur um genau dabei dann Gott abzuschwören, also in der Apostasie zu enden? Nein, nicht Cristóvão! Davon sind Sebastião und Francisco überzeugt und begeben sich durchs Land der aufgehenden Sonne auf einen Weg, der sich allzu schnell als Leidensweg entpuppt. Ein Martyrium, geeignet, auch den festesten Glauben zu erschüttern.

Ein Herzensprojekt: Seit Anfang der 90er Jahre trug sich Martin Scorsese mit dem Gedanken einer Verfilmung von Endō Shūsakus Roman „Chinmoku“, der seinerseits auf historisch verbürgten Begebenheiten fußt. Ein Stoff, der sich im Kern einmal mehr an der Frage abarbeitet, wie es sein kann, daß ein doch angeblich die Menschen liebender Gott so viel menschliches Leid, so viel Gewalt und Grausamkeit unter den Menschen zulassen kann.

Es ist auch deshalb nicht wirklich überraschend, daß ein Regisseur wie Scorsese – mit seinem geradezu obsessiven Interesse an der Darstellung obsessiver Männer wie auch an der obsessiver Gewalt – von diesem Sujet fasziniert ist. Daß Scorsese Katholik ist, wie praktizierend und gläubig auch immer, mag ein übriges beigetragen haben.

Wie wohl auch zu dem Umstand, daß in SILENCE dann tatsächlich irgendwann mal der Heiland höchstselbst auf der Tonspur erklingt. Es ist einer der wenigen Momente, in denen der Film strauchelt, wenn da plötzlich Jesus mit der sonoren Stimme eines milde gestimmten Countrysängers Bruder Sebastião Mut zuspricht. Der ihn freilich gebrauchen kann in diesem Japan, dessen Herrscher auf Christianisierungsversuche mit harter Gewalt reagieren.

Die Scorsese natürlich zeigt. Hier allerdings allem Obsessiven entkleidet. Es ist eine erzählerische Ruhe in dem Film, eine erhabene Aura des Kontemplativen, die auch jener Stille nachsinnt, welche dem „Schweigen Gottes“ im Angesicht menschlichen Elends entspringt. Nur daß SILENCE dann, diesem Schweigen zum Trotz, dem Glauben gerade nicht abschwört. Was Scorseses Film beinahe schon anachronistisch wirken läßt. Und ihm eine reizvolle Ambivalenz verleiht, die dem säkularen Zeitgeist wie dem Glaubensdogmatiker zur Provokation geraten mag.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.