D 2015, 97 min
FSK 6
Verleih: Farbfilm

Genre: Drama, Erotik, Literaturverfilmung

Darsteller: Rosalie Thomass, Peter Dinklage, Stipe Erceg, Robert Stadlober, Antoine Monot Jr., Tobias Schenke, Leslie Malton, Armin Rohde

Stab:
Regie: Kerstin Ahlrichs
Drehbuch: Karen Duve

Kinostart: 20.08.15

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Taxi

„Wenn ich weg muß, muß ich weg“

In den 80ern waren die Nächte cooler als je zuvor und verrauchter als irgendwann danach. Mindestens in den Augen der Kinder der Zeit. Der Soundtrack zum Lebensgefühl kam von Schallplatte und Kassette, die Hosen saßen knackig, um den Schultern – ob nun in Ballonseide oder Leder gehüllt – den angemessenen Auftritt zu verschaffen. Vorhang auf für die fesche Hamburger Pflanze Alex. Wen oder was genau sie auf dieser urbanen Bühne spielen möchte, ist offen. Die von Mutti ausgesuchte Lehrstelle im Versicherungswesen hat sie jedenfalls hingeschmissen, und zu einem Studium fehlt die Lust. Weil aber das Geld irgendwoher kommen muß, und die Tage herumgebracht sein wollen, heuert die Mittzwanzigerin als Taxifahrerin an – und schlägt sich nun mit den Marotten ihrer ausschließlich männlichen Berufsgenossen herum. Als wären die lieben Fahrgäste, die im Kollegenkreis verächtlich „Dreckhecken“ genannt werden, nicht schon anstrengend genug …

In ihrem Roman von 2008 setzte Karen Duve diesem entschieden unentschiedenen, stets auf dem Sprung befindlichen, sich schnörkel- und ambitionslos gebenden Frauentyp der westdeutschen Vorwende-Jahre ein Denkmal. Das autobiographisch gefärbte, in Lokal- und Zeitkolorit gebatikte Stück auktoriale Erlebnisprosa um eine kühle Blonde unter lauen Kerlen stellte sich im Tonfall durchaus trotzig gegen die Innerlichkeitsmanie der zeitgenössischen Hochliteratur. Für Kerstin Ahlrichs’ Filmadaption hat Duve nun selbst das Drehbuch geschrieben und erweist sich als erstaunlich schmerzfreie Verdichterin, ja Verknapperin der eigenen Geschichte. „Jetzt gibt es mehr Liebesszenen“, sagt sie dazu.

Tatsächlich ist der Film schwüler geraten als die Buchvorlage. Nicht nur, weil Alex’ Anti-Romanze mit dem Taxi-Kollegen Dietrich und ihre spröde-erotischen Begegnungen mit dem kleinwüchsigen Marc auf der Leinwand mehr Gewicht bekommen haben. Ahlrichs’ Kinodebüt verhebt sich bisweilen am eigenen Stilbemühen. Es will zugleich gefühlsechtes Period Piece und trockener Kommentar sein. Es versucht, den eckigen Charme der Zeit in ein rundes Bildkonzept, Fahrgäste in ihre Milieus, Männer in ihre Komplexschubladen zu packen – und stößt dabei gelegentlich an handwerkliche Grenzen.

Dazu gehört die irritierende Teilsynchronisation, mit der die spektakuläre Mitwirkung von US-Import Peter Dinklage wirklich teuer bezahlt ist.

[ Sylvia Görke ]