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Traders’ Dreams

Ein Blick hinter die Ebay-Kulissen

Im Dokumentarfilm wirkt eine einfache Gleichung: je bekannter das Sujet, desto größer die Erwartungen an den Film. Das gilt für eine Geschichte über die deutsche Fußballnationalmannschaft genauso wie für eine filmische Annäherung an ein weltumspannendes Phänomen, das inzwischen (fast) jeder kennt: in diesem Fall Ebay. Das prominente Thema wirkt allerdings gleichzeitig wie eine Hypothek. Einerseits verschafft es dem Film Aufmerksamkeit beim Publikum, andererseits lastet die Prominenz des Sujets aber auf Dramaturgie - schließlich hat jeder selbst eine recht genaue Vorstellung, was es mit Ebay so auf sich hat.

TRADERS’ DREAMS konzentriert sich darauf, die gesellschaftspolitische Phraseologie des Internet-Auktionshauses zu hinterfragen und verfolgt Geschichten von Käufern und Verkäufern aus Mexiko, Sachsen, Schottland, China und den USA, von denen einige tatsächlich noch den Ebay-Traum von der wirtschaftlichen Demokratisierung der Welt zu träumen scheinen. Die beispiellose Selbststilisierung des Unternehmens, das inzwischen weltweit "Ebay-Universities" veranstaltet und hart daran arbeitet, sich als Familienersatz und nicht als schlichten E-Flohmarkt zu präsentieren, wird mit wenigen Szenen als PR-Strategie entlarvt. Das ist allerdings auch keine Kunst.

Spannender wäre es gewesen, den Protagonisten auch jenseits ihres Ebay-Daseins einen Blick zu widmen, statt sie nur als Stichwortgeber für die eigenen Thesen zu benutzen. Zumal dann, wenn diese Thesen sich darauf beschränken, Ebay den selbst gesetzten Status als "Weltverbesserer" abzusprechen und das Unternehmen als das darzustellen, was ohnehin kaum ein denkender Mensch anzweifeln würde: ein international agierender Konzern, der durch die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt ein Quasi-Monopol errichtet hat und seitdem Geld scheffelt wie verrückt.

Wenn - um das zu untermauern - den entseelt lächelnden Teilnehmern der sektenähnlich anmutenden jährlichen "Ebay-Live"-Konferenz in den USA der glück- und arbeitslose Sachse gegenüber gestellt wird, der unbeirrt von offensichtlichen Mißerfolgen seine Ebay-Geschäftsidee bis zum bitteren Ende weiter verfolgt, dann schrammt TRADERS’ DREAMS schon arg nah am Klischee vorbei.

D 2007, 83 min
Verleih: Piffl

Genre: Dokumentation

Stab:
Regie: Stefan Tolz, Marcus Vetter
Kamera: Thomas Riedelsheimer

Kinostart: 28.06.07

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.