Österreich/CH/D/Tschechien 2022, 89 min
FSK 16
Verleih: Alamode

Genre: Drama, Biographie, Liebe

Darsteller: Emily Cox, Valentin Postlmayr, Anton von Lucke

Regie: Dieter Berner

Kinostart: 06.07.23

4 Bewertungen

Alma & Oskar

Zwei Wiener Moderne in Eifer und Sucht

Österreich hat uns Cinephile in den letzten Jahrzehnten verwöhnt: mit widerborstigen, gegenwartswachen Filmen, die scharfen stilistischen Eigengeruch verströmten. Haneke, Seidl, Hausner wären da zu nennen. Der einst zur Avantgarde gerechnete Regisseur Dieter Berner kommt einem in diesem Zusammenhang trotz beachtlicher Beiträge zur österreichischen Nationalfilmographie allerdings nicht in den Sinn. Warum? Weil, wie man zum Beispiel in seinem Malerporträt EGON SCHIELE – TOD UND MÄDCHEN sehen konnte, er es inzwischen ganz gern bildungsbürgerlich-gediegen mag. Es riecht, dies mit allem Respekt, bei Berner zuletzt immer auch ein bißchen nach Kaffee, Kuchen und appetitlich zubereiteter Kulturgeschichte für Beflissene.

Mit ALMA & OSKAR stürzt er sich erneut hinein in die Wiener Moderne und bereitet die Bühne für eines der prominentesten Liebespaare jener Epoche. Alma, die stolze Wienerin mit den nie ganz zur Entfaltung gebrachten kreativen Ambitionen, wurde begehrt von Gustav Klimt, geheiratet von Gustav Mahler, dann von Walter Gropius, dann von Franz Werfel und war stadtbekannt für ihr lockeres Verhältnis zur Treue. Frisch verwitwet, aber bereits anderweitig verlobt, entflammt die erfahrene Verführerin 1912 für den Jung-Expressionisten Oskar Kokoschka. Sie entzündet sich an der künstlerischen Kompromißlosigkeit des Mittzwanzigers – und erkaltet, sobald der von ihr Zugeständnisse verlangt. Als Alma sein Kind abtreibt und sich Oskar 1915 freiwillig zum Kriegsdienst meldet, ist die längst fällige Trennung endlich vollzogen.

Nach einem mit Hilde Berger, seiner Langzeitkomplizin in Leben und Film, verfaßten Drehbuch inszeniert Berner an diesen eruptiven Aufs und Abs entlang nicht etwa eine doppelte Charakterstudie – dafür bleiben die Hauptfiguren psychologisch zu unbestimmt. Das Vorhaben, so scheint es, soll Zeitkolorit, Faktenlage, emotionale Kompliziertheiten von „modernen“ Mann-Frau- und Genie-Muse-Beziehungen für Eilige zusammenfassen. Im Schnelldurchlauf huschen Großkünstler durch die Szenen. Der Kaiser erhält einen Auftritt. Eine verstörende Puppe auch. New York, Berlin, Dresden müssen ins Bild. Die berühmten Gemälde in Almas Interieurs und auf Oskars Staffelei wollen, wenigstens mit einem Seitenblick, zur Kenntnis genommen werden. Am anderen Auge fliegen symbolistische Traum- und Wahnsequenzen vorbei. Aber wohin?

[ Sylvia Görke ]