Originaltitel: L’ENVOL

F/I/D/Rußland 2022, 105 min
FSK 16
Verleih: Piffl

Genre: Drama, Literaturverfilmung

Darsteller: Raphael Thiery, Juliette Jouan, Louis Garrel, Yolande Moreau, Noémie Lvovsky

Regie: Pietro Marcelllo

Kinostart: 13.07.23

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Die Purpursegel

Ein Muß für Kinonostalgiker

Im Dorf ist die seltsame Alte als Hexe verschrien. Was allein schon ein Grund für Juliette ist, ihren Orakelsprüchen Glauben zu schenken. Und so lauscht Juliette gebannt, als sie hört, daß sie eines Tages von Purpursegeln fortgetragen würde, weg von hier und weit hinaus in den Himmel und übers Meer. Ein Glücksversprechen, ganz nach dem Geschmack dieses Mädchens, das mit ihrem eigenbrötlerischen Vater und ihrer Ziehmutter abseits der Gemeinschaft ein Leben in trotziger Selbstbestimmtheit führt.

DIE PURPURSEGEL basiert auf einem Roman des russischen Autors Aleksandr Grin (1890-1932). 1961 kam der Stoff schon einmal unter dem Titel DAS PURPURROTE SEGEL ins Kino. Ein durchaus noch sehenswerter sowjetischer Film, der das Kunststück versuchte, sozialistischen und magischen Realismus miteinander auszusöhnen.

Ob derlei auch Regisseur Pietro Marcello umtrieb, ist eine interessante Frage. Angesiedelt in der passend rauh-malerischen Landschaft der Normandie kurz nach dem Ersten Weltkrieg, pflegt Marcellos Adaption erst einmal einen Realismus, der auf historische Filmaufnahmen aus den 20ern ebenso zurückgreift wie auf das Inszenieren erdig-volkstümlicher Genrebilder. Doch zieht, wenn auch vor allem allegorisch, in sozusagen realistischer Dosierung, zunehmend das Märchenhafte und Poetische ins Geschehen. So, wie sich zu den Genre- verstärkt romantisierend malerische Naturszenerien gesellen. Und das alles schön fotografiert und im klassischen Vollbildformat. Was diese PURPURSEGEL dann, Realismus hin oder her, vor allem für Kinonostalgiker und Romantiker zum kleinen Muß macht.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.