Originaltitel: BLISS

USA 2019, 80 min
FSK 18
Verleih: Drop-Out Cinema

Genre: Psycho, Thriller

Darsteller: Dora Madison, Jeremy Gardner, Tru Collins

Regie: Joe Begos

Kinostart: 20.02.20

1 Bewertung

Bliss

Wenn der Teufel Bilder malt …

Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten, diesen irren Film richtig erleben zu können: Natürlich, seine volle Wucht entfaltet er im dunklen Kinosaal, am besten mit voll aufgedrehtem Ton. Bestens aufgehoben wäre BLISS allerdings auch auf einem kleinen, krisseligen Röhrenfernseher. Joe Begos’ Schocker wirkt ein wenig so, als würde man eine schmuddelige VHS-Kassette anschauen, die irgendjemand in den 70ern oder 80ern in der örtlichen Videothek unterm Ladentresen vergessen hat.

Worauf man sich dabei gefaßt machen muß, verrät eigentlich schon die Epilepsiewarnung zu Beginn des Films. Wenn die junge Malerin Dezzy erst einmal die erste Ration Drogen intus hat, kennt auch der Film kein Halten mehr. Da wird man von einem miesen Trip zum nächsten gejagt, quer durchs Blitzlichtgewitter, durch kopfstehende, dauerrotierende Bilder, viel Geflacker, viel Gekotze, viel Gekreische, bis man blutbesudelt wieder ins Tageslicht entlassen wird. Der Nachwuchs-Malerin im Film hilft das im übrigen aus ihrer künstlerischen Schaffensblockade! Je mehr sie sich im Drogenrausch verliert, desto mehr lösen sich ihre Sorgen in Luft auf. Nach und nach erschafft sie das ultimative Gemälde, das all ihre Geldnot beseitigen könnte. Doch um welchen Preis?

„Diablo“ heißt die Superdroge, die Dezzy von ihrem Freund erhält. Der Name ist Programm. Nicht nur Schwindel und Übelkeit gehören zu den Nebenwirkungen, sondern auch Blut- und Fleischeslust, das pure Böse. Aber was haben wir, das Publikum, eigentlich davon? In jedem Fall hat der Regisseur seine offensichtlichen Vorbilder genauestens studiert. Die berühmten Enfants terribles wie Abel Ferrara, Nicolas Winding Refn, Darren Aronofsky und vor allem Gaspar Noé winken hier aus der finsteren Strobos-kop-Hölle. Die einzelnen Versatzstücke für den puren filmischen Terror sind alle da, doch viel mehr als aufwendig wiedergekäute Zitate ist nicht zu finden.

Eigene Identität entwickelt BLISS selten, viel zu erzählen gibt es ebenfalls nicht. Allzu schnell ist der Kern erreicht, zudem ziehen sich die anfänglichen, immer gleichen Partyszenen in die Länge. Allzu leicht läßt sich der aggressive Drogen- und Gewalttrip als emanzipatorischer Akt einer jungen Künstlerin deuten, die von allen Seiten nur angegriffen und verlacht wird. Aber was soll’s? Am Ende interessiert sich BLISS für die ästhetischen und akustischen Reize seiner pessimistischen Studie über die Kunst der Selbstvernichtung und die Kunst durch Selbstvernichtung. Konsequent, wie sich dabei auch die Handlung zersetzt.

Wenn die kläglichen Versuche einer cleveren Erzählung erst einmal überstanden sind, dreht BLISS immerhin völlig leer und serviert auch Schockerprobten noch ein paar ekelhafte Magenverdreher. Die letzte halbe Stunde gipfelt in einem regelrechten Inferno zwischen Wahn und Wirklichkeit, mit dröhnendem Metal unterlegt, mit literweise Kunstblut und nostalgischen, handgemachten Gore-Effekten und Zeitraffer-Verwesen à la TANZ DER TEUFEL. Da wären wir wieder bei den berühmt-berüchtigten VHS-Schockern von damals. Zimperlichkeit kann man BLISS jedenfalls nicht vorwerfen. Horrorfans werden das zu schätzen wissen.

Zumindest kann man mit diesem wilden Streifen noch einmal etwas erleben, das es in dieser radikalen Form heute leider kaum noch auf die großen Leinwände schafft: klassisches und vor allem extremes Mitternachtskino!

[ Janick Nolting ]