1 Bewertung

Das Hausmädchen

Falsche Illusionen und monetäre Potenz

„Es sieht zwar nach Respekt aus, aber in Wirklichkeit tue ich mir selbst einen Gefallen. Das hat mir mein Vater beigebracht!“, sagt Nami, als das neue Hausmädchen Eun-yi sie für ihre höflichen Manieren lobt. Nami ist die kleine Tochter des eleganten Paares Hae-ra und Hoon, die in einer stattlichen Villa leben, und denen es vor allem an einem nicht mangelt: Geld. Das hübsche Hausmädchen soll sich um die hochschwangere Hausherrin kümmern und später um die erwarteten Zwillinge.

Eun-yi kommt aus einfachen Verhältnissen und hat vorher in einer der unzähligen Garküchen, die es auf den Märkten in Seoul gibt, gearbeitet. Der marmorne Luxus, die kunstvollen Häppchen, die die strenge Hausdame Byung-sik zum Abend kredenzt, Hoons Klavierspiel und die teuren Kosmetika in den Badregalen verfehlen ihre beeindruckende Wirkung nicht. So erscheint es wohl auch Eun-yi zwangsläufig so, daß Hoon ein Recht auf sie hat, wo er doch auch sonst alles besitzt, was er will. Allerdings verkennt sie die Gefahr, in die sie sich begibt. Genauso, wie sie der Illusion erliegt, durch ihre weiblichen Reize auch ein Stück neuen Einflusses zu besitzen, den sie ausspielen kann.

Anders als in Kim Ki-youngs Thriller von 1960, den Regisseur Im Sang-soo psychologisch klug adaptiert, ist der Mann nicht Opfer seiner Triebe und der Verführungskraft manischer Frauen, sondern derjenige, der die Machtverhältnisse klar bestimmt. Hoons Schwiegereltern haben ihn für ihre Tochter wegen seines Status’ als Ehemann erwählt, und er weiß um die Kette der Abhängigkeiten, an dessen Spitze er steht. Wie Kim kritisiert auch Im die Hierarchien innerhalb eines Hausstandes tiefgründig und bildgewaltig, aber vor allem stellvertretend für die gesellschaftlichen Tendenzen in Südkorea, das aufgrund seiner Geschichte eine „Verwestlichung“ im Schnelldurchlauf erlebte.

Ging es im Filmklassiker jedoch noch um die möglichen (katastrophalen) Auswirkungen, die Wohlstand auf traditionelle Werte haben kann, setzt das Remake diesen Clash voraus und treibt die Intrige zu einem bizarren Ende, das mit seiner überzogenen Dramatik auch den Lehrsatz der Originalvorlage mit einbezieht. Die Potenz des Geldes bleibt ungebrochen, und das, was wie Respekt aussehen könnte, ist schon lange ein Akt der Dominanz. Der Champagner perlt in den Gläsern, als hätte es Eun-yi nie gegeben.

Originaltitel: HANYO

Südkorea 2010, 106 min
Verleih: Alamode

Genre: Drama, Thriller

Darsteller: Jeon Do-youn, Lee Jung-jae, Seo Woo

Regie: Im Sang-soo

Kinostart: 19.05.11

[ Susanne Schulz ]