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Die Eisbombe

Eine recht banale Bio-Komödie

Toms Verhalten wird landläufig neurotisch genannt. Seine Angst vor Regen oder Sonne, seine allergischen Reaktionen gegen Früchte und bei Streß - all dies hat er seinen Eltern zu verdanken, die ihm seit frühester Kindheit vor allem eines beigebracht haben - man kann auf Erden nicht wirklich sicher sein. Die Schumann-Weils versuchen der Unbill schädlicher Umwelteinflüsse mit Kontrolle zu begegnen, Testzeitschriften und Ratgebermagazine sind ihr Lesestoff, Lebensmittel werden geprüft und schonend gegart, ungeschützt verläßt keiner das Haus und überhaupt nur, wenn es sich nicht vermeiden läßt.

Aber der Tag kommt, da kollidieren die alltäglichen Restriktionen mit Toms beginnendem Erwachsenwerden. Als dann ein mysteriöser Eisklotz das heimische Dach durchschlägt und sich die Familie deshalb in den hausnahen Luftschutzbunker evakuiert, flüchtet Tom. Im Krankenhaus, wo er seinen Zivildienst absolviert, wartet nicht nur ein freies Zimmer, dort ist ihm auch Lucie über den Weg gelaufen, ein attraktiver Grund, um es endlich mit den Gefahren des Lebens aufzunehmen.

"Die erste Bio-Komödie im Kino" läßt das Marketing zum Debüt von Oliver Jahn verlauten und wahrscheinlich will es mit der Aussicht locken, man könne sich einmal so richtig ausschütten vor Lachen - über die zuweilen seltsamen Blüten, die der Umgang mit einer sich verändernden Umwelt treibt. Aber dem Genuß einer Komödie kommt ein verquastes Drehbuch in die Quere, das vielleicht allen Intentionen des Regisseurs gerecht wird, aber dramaturgische Grund-regeln vernachläßiigt - von der Qualität der Dialoge ist besser zu schweigen.

DIE EISBOMBE will schrulliges Verhalten in der Generation nach Tschernobyl aufs Korn nehmen, die Medienszenarien um Umweltkatastrophen und das schwierige Verhältnis zwischen hypersensiblen Eltern und ihren Kindern. Gleichwohl die schauspielernde Kleinfamilie hier zu Beginn für einiges Amüsement sorgt, Jahn greift zunehmend zum Mittel der Überzeichnung und entsendet seine Figuren in inszenierte Sackgassen - im Kino wirkt das alles nicht schwarzhumorig, sondern traurig banal.

D 2007, 95 min
Verleih: Neue Visionen

Genre: Komödie

Darsteller: Eike Weinreich, Katharina Schüttler, Peer Martiny, Karoline Eichhorn

Regie: Oliver Jahn

Kinostart: 07.08.08

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.