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Die Entdeckung des Himmels

Opulente Verfilmung des Mulisch-Bestsellers

Bei aller Liebe: Es klingt erst einmal - wenigstens doch im Ansatz - leicht hirnrissig. Da hat sich doch der Herr im Himmel derart über die Menschheit geärgert, daß er schmollt und die ollen Steintafeln mit den lästigen Geboten zurück will. Ein Engel wird damit beauftragt. Dieser muß einen Menschen auf Erden ausfindig machen, der ihm dabei hilft. Es gilt also, den Bund mit Moses zu brechen.

Ah ja, so irre, so gut. Doch nun wird solch ein Opus der überlebensgroßen Freundschaft, leidenschaftlichen Liebe und des hemmungslosen vie de la bohème losgetreten, daß man vor lauter Freude und Staunen den Mund gar nicht wieder zu kriegt. Denn Regisseur Jeroen Krabbé fabuliert mit schrägem Witz, satten Bildern, viel Gefühl und der nötigen Dosis Kitsch. Da eilt das Filmgemälde vom Drama zum Liebesreigen, vom Politkick zum philosophischen Exkurs. Che Guevara und der Stein der Weisen, quasi. Herrlich. Vor allem aber begeistert in seiner Virtuosität das über eine Zeitspanne mehrerer Dekaden angestimmte Hohelied auf die Freundschaft und Liebe von Onno, Max und Ada.

Das Liebeskarussell dreht sich von Bild zu Bild heftiger. Daß es dabei chaotisch-emotional wird, garantiert die Melange aus zynischem Altphilologen, einem schlaksigen Mathematiker, und einer glutäugigen Cellistin. Die Reise geht durch das Auf und Ab der brisanten und freizügigen Zeiten der Siebziger, sie pendelt zwischen dem kommunistischen Kuba und dem freilebigen Amsterdam. Dann gebiert die schöne Ada den Knaben Quinten. Und erst jetzt schließt sich der Kreis. Denn jener Engel kommt auf Umwegen an sein Ziel. Es ist der blonde Knabe Quinten, der vermitteln soll. Und Quinten sieht nicht nur schwindelerregend gut aus, er spürt und sieht zudem Dinge, die nur göttlicher Prägung sein können ...

Krabbé erzählt eine schöne, abgefahrene und verblüffende Geschichte, deren Ausgang überrascht und begeistert. Er bietet dem unschlagbaren Stephen Fry als linker Exzentriker Onno die größtmögliche Bühne, auf der sich ein Akteur tummeln kann. Und wenn sich am Ende alles in einem Feuerwerk des Kitsches entlädt, ist das nicht nur schön anzuschauen, sondern einfach nur konsequent. Unvergleichlich!

Originaltitel: THE DISCOVERY OF HEAVEN

NL 2001, 132 min
Verleih: Schwarz Weiss

Genre: Literaturverfilmung, Schräg, Tragikomödie

Darsteller: Stephen Fry, Greg Wise, Flora Montgomery, Neil Newbon

Regie: Jeroen Krabbé

Kinostart: 19.12.02

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.