Originaltitel: C’ÉTAIT MIEUX DEMAIN

F/Belgien 2025, 103 min
Verleih: Neue Visionen

Genre: Tragikomödie, Fantasy

Darsteller: Elsa Zylberstein, Didier Bourdon, Mathilde Le Borgne, Maxim Foster, Romain Cottard

Regie: Vinciane Millereau

Kinostart: 22.01.26

Die progressiven Nostalgiker

Die Zeiten ändern Dich

Frankreich 1958, ein wahres Paradies, zumindest für Michel: Der Kreditsachbearbeiter hat eben einem aufstrebenden Unternehmen (vier Buchstaben) den Geldhahn zugedreht, da ihn das dargebotene Konzept (Möbel zum Selbstaufbau) kaum überzeugte. Gattin Hélène schuftet sich parallel daheim den Rücken krumm, achtet dennoch stets darauf, abends gut auszusehen, wenn’s ans nachbarschaftliche Grillen – und gemeinschaftliche Eskalieren – geht. Die Kinder werden zu den Staffelstab weitertragenden Nachfolgern erzogen, Stützen dieses in Primärfarben bunt gemalten und trotzdem schwarzweißen Heimatidylls.

Bis das Herdheimchen den prallen Jackpot gewinnt: eine Waschmaschine! Nicht sorgfältig genug versteckt, entbrennt wegen Michels Verkaufsabsichten Streit, das Gerät mutiert zur Todesfalle, entpuppt sich darin indes als Zeitmaschine und katapultiert das Paar gen 2025. Tolle neue Welt? Teils – teils. Während Michel, von Depressionen geplagt, jetzt den Haushalt schmeißt, verbreitet Hélène in Leitungsposition Angst, hinzu kommt deutlich überforderndes Teufelszeug à la Sprachsteuerung, Smartphone oder Ehe für alle. Bald möchte man zurück, schnell. Bloß wie?

Erwartungsgemäß führen omnipräsente Überhöhung und Konfrontation konträrer Gesellschaftsentwürfe zu hübsch fluffigen Lustspielereien, die ungeachtet hoher, aufgrund ihrer Entwicklungsbeschränkungen zwischendrin auch mal auf der Stelle tretenden Überdrehtheit gleichzeitig aber immer den Spiegel zücken, zwecks entlarvender Reflexion. Beginnend mit unserer alltäglichen Techniküberfrachtung, angesichts derer sich Michel notgedrungen veranlaßt sieht, den Saugroboter zu erdolchen, endend bei der Frage, welchen Preis persönliche Entfaltung aufruft. Stark sarkastisch und Moralgefasel verweigernd erzählt das vordergründig Quirlige davon, daß Freiheit ausgewogenes Nehmen und Geben bedingt, mögliches wechselseitiges Unverständnis toleriert.

Woraus das Plädoyer tönt, den Blick zu schärfen, nicht nur genau zwei Meinungen – die eigene, ergo makellos formschöne, und die völlig falsche – zu kennen. Aktiv denken, ohne zum Kleinrevoluzzer zurechtgeschnitzt vollautomatisiert „Anti!“ brüllend gegen Feindbildschablonen anzurennen, ist und macht halt schlau.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...