Originaltitel: LA BELLE ET LA BÊTE

F/D 2014, 112 min
FSK 6
Verleih: Concorde

Genre: Märchen, Fantasy, Literaturverfilmung

Darsteller: Léa Seydoux, Vincent Cassel, André Dussollier, Yvonne Catterfeld, Eduardo Noriega

Regie: Christophe Gans

Kinostart: 01.05.14

1 Bewertung

Die Schöne und das Biest (2014)

Spagat aus Märchenkino, Horrorstück und Familienunterhaltung

Cocteau-Verehrern sei gesagt: Diese neuerliche Adaption des Volksmärchens hat mit der Poesie, dem zarten Pinselstrich, den Ballettanleihen und der Old-School-Fantasy des guten, alten Jean nicht viel gemein. Aber: Das geht auch in Ordnung. Cocteaus Fassung war vor knapp 70 Jahren mit ihren atemberaubenden Dekors aus sprechenden Türen, magischen Spiegeln und androgynen Caryatiden wegbereitend, nur wegen dessen „Vorarbeit“ sieht DIE SCHÖNE UND DAS BIEST aus der Hand des Genrefilmers Christophe Gans so aus, wie sie 2014 aussehen muß: opulent, temporeich, mit Schauereffekten und durchaus mancher Albernheit. Gans hat staubgewedelt, den Handlungsrahmen ein wenig aufgezogen, was alles Sinn macht, denn er schaut unverhohlen nach einem größeren Publikum als nach eingefleischten Cineasten.

Die Geschichte selbst ist ja weitgehend fix: Ein verarmter Kaufmann muß mit seinen Kindern das üppige Schloß verlassen, lange Gesichter bei den Töchtern, nur die jüngste, Belle, kann dem Leben in bescheideneren Verhältnissen etwas abgewinnen. Als dem alten Herrn doch wieder einiger Wohlstand in Aussicht gestellt wird, dürfen sich die Mädels wünschen, was Vater ihnen von der bevorstehenden Reise mitbringen soll. Fummel und Geschmeide sind es bei den zickigen Hühnern, die bescheidene Belle hat indes nur einen Wunsch: eine Rose. Auf dem Heimweg schließlich verirrt sich der müde Vater, wacht plötzlich in einem Schloß auf, labt sich an der reichlich gedeckten Tafel, packt sich die Taschen mit Bling-Bling voll und bricht noch schnell eine schöne Rose. Letzteres wird ihm zum Verhängnis, mit allerhand Zauberwerk und Gebrüll erscheint ein Wesen in Tiergestalt, klagt den verängstigten Mann an, ihm das Wichtigste gestohlen zu haben. Ein Deal steht an: Das Biest fordert vom alten Kaufmann, was dem am wichtigsten ist. Belle muß ins Schloß ...

Gans, das muß man anerkennend sagen, ist es gelungen, das knapp 300 Jahre alte Märchen adäquat in die Neuzeit zu transportieren, er tritt aufs Gas, ihm gelingen Effekte, die verblüffen und manchmal an JACK AND THE GIANTS erinnern, und auf die Arbeit seine Kostümmacher kann er sich verlassen. Er bekennt sich zu modernen Sehgewohnheiten, was aber auch einige am Computer generierte Szenen beinhaltet, die leider von der verlorenen Unschuld der Bilder zeugen. Denen stellt er ruhigere, wundervoll kolorierte und darin durchaus an die naiven Bilder des Malers und Illustratoren Adrian Ludwig Richter erinnernde Motive gegenüber. Das Biest selbst – na ja, die sah ja auch bei Cocteau schon eigenwillig aus, dazu gibt es bei den Computeranimationen so manchen Ausrutscher, den Bildern des alten Hafens in etwa ist die Pixelarbeit anzusehen, und ein eigenartiger Vierbeiner wird eingeführt, wobei das Viech ein putziger Mix aus Karnickel, Dackel und Lemur ist.

Doch das ist im Verhältnis Kleinkram, denn der ohnehin schwierige Spagat aus großem Märchenkino, Horrorstück und Familienunterhaltung ist Gans zweifelsfrei gelungen, und die immerwährende Botschaft von wahrer Schönheit, Tugend, Liebe, Hingabe und Treue wird auch hier überzeugend vermittelt. Der Regisseur kann sich zudem auf das Talent und die überzeugende Pureté einer Lea Seydoux verlassen, und Vincent Cassel schafft es sogar, daß man kaum an den übergroßen Jean Marais in Cocteaus Version denken muß. Für Humor ist indes auch gesorgt, meistens wohldosiert, und das eine Mal auch unfreiwillig komisch, wenn trotz tragischen Momentes aus dem Munde Yvonne Catterfelds ertönt: „Ich bin die Waldnymphe!“

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.