Originaltitel: BIENVENUE À MARLY-GOMONT

F 2016, 96 min
FSK 0
Verleih: Prokino

Genre: Komödie

Darsteller: Marc Zinga, Aïssa Maïga, Kamini Zantoko

Regie: Julien Rambaldi

Kinostart: 20.04.17

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Ein Dorf sieht schwarz

Schüchtern schmunzelndes Plädoyer für die Vielfarbigkeit

Anfang März sprach die als Tochter einer Deutschen und eines Südafrikaners in Berlin-Kreuzberg aufgewachsene Sängerin Joy Denalane darüber, daß „Leute, die anders aussehen, wie zum Beispiel ich, eben das Nachsehen [haben].“ Und Denalane meint, um es zu wiederholen, Berlin. 2017! Wie mag sich da die Lage präsentieren, betrachtete man ein, sagen wir, verschlafenes Dorf in Frankreich anno 1975?

Mit einem Wort: katastrophal. Was Seyolo Zantoko am eigenen Leib zu spüren bekommt. Der Arzt hat den Kongo verlassen und ist samt Frau Anne und zweier Kinder nach Marly-Gomont gezogen, um Beruf und Berufung nachzugehen, mittelfristig die Staatsbürgerschaft zu erringen, der erträumten Praxis wegen – Paris lockt. Doch vorerst muß das irgendwo zwischen eingeschworen und weltfremd auf gewohnte Bahnen pochende Landvolk, welches noch nie dunkelhäutige Menschen sah und in nachhaltiger Schockstarre verharrt, von 1. Harmlosigkeit der Neuankömmlinge und 2. Kompetenz des mißtrauisch beäugten Mediziners überzeugt werden. Jede Menge Möglichkeiten, dem Sujet komödiantisch zu begegnen.

Gleich drei Drehbuchautoren nahmen die Aufgabe an, und niemand möchte jetzt übellaunig über viele Köche und den fabrizierten Brei unken, nur scheinbar lachen sie alle eher bloß zu ausgewählten Anlässen und dann sehr kontrolliert – ausgehend von relativ niedriger Komikdichte sowie Zurückhaltung des Witzes. Mehr Mut zur Offensive hätte keinen Schaden angerichtet, teils flackert entsprechender Mumm auch schüchtern auf, beispielsweise, wenn Anne, einem verbalen Mißverständnis erlegen, ihre Umwelt anflucht statt zu grüßen.

Im Gegenzug herrscht angenehmerweise allerdings nirgends ein Mangel an richtig positioniertem Herzen, um die Geschichte emotional zu verorten. So hat ein erfrischend knarziger Bauer zwar den rettenden Integrations-Einfall, selbiger bringt indes wenig nachhaltigen Erfolg und besagten Landwirt zu einem der sympathischsten Sätze des gesamten Films: „Idioten gedeihen hier ganz prächtig!“ Tja, zur echten – heißt: kompletten – Akzeptanz ist es ein weiter Weg entlang allerlei erwartbarer Drehungen und Wirrungen.

Wunder dauern normalerweise etwas länger, aber sie geschehen, bekanntermaßen. Und weil sich all’ das einst tatsächlich ereignete, gibt’s am Ende einen Schwenk zur realen Familie Zantoko. Schöner und anrührender hätte der Schluß schwerlich sein können.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...