Noch keine Bewertung

Eine schöne Bescherung

Bewährtes aus der Familienhölle

Oh Du fröhliche? Oscar und Simon, seit drei Jahren verpaart, sowie Freundin Cissi, seit neun Monaten schwanger, laden die Verwandtschaft der zwei Jungs zur Weihnachtsfeier ein, was in zerrütteten Nerven gipfelt: Oscars Vater inspiziert voll des homophoben Griesgrams das Haus (eine Ruine), die Frau Mama stürmt gen Küche und vermißt gleich ihren legendären Heringssalat, Oma hingegen winkt – vom Alkohol stark entstreßt – bald nur noch vage aus dem Sessel. Der Vorgarten gleißt wie die Lampenabteilung eines Möbelhauses, Simons Mutter muß die leicht ansteigende Straße hinaufgetragen werden, schleppt ihren aktuellen Toy Boy an und quatscht jedes Trommelfell zum Suizid, sein Vater kämpft angesichts des Liebhabers mit brodelndem Zorn, die griechische Herkunft inklusive entsprechender Ressentiments verspannt die Lage zusätzlich. Ob das Thema Blasenschwäche zusammenschweißt?

Willkommen in Akt 1, was durchaus wörtlich verstanden sein darf, weil Türenklapp, statisches Rumgestehe oder Dialog-Stakkato schon irgendwie an abgefilmtes Theater erinnern – nicht böse gemeint, lediglich ein Fakt. Überhöhung heißt das Wort der (ersten) Stunde, sei es beim sämtliche bekannten Macken für sich beanspruchenden Personal, hemmungslos ausgequetschten Feiertagsklischees oder emotional angehauchten Augenblicken, in denen auf Nummer sicher das ganz große Orchester durch die Gehörgänge flutet. Gute Unterhaltung garantiert! Und selbstredend folgt Akt 2, denn entgegen aller Hoffnung auf positive Reaktion vermag eine Enthüllung das Knirschen im Familiengebälk entscheidend zu verschlimmern. Jetzt heißt’s erwartungsgemäß: Lügen, Geheimnisse, Enthüllungen, Abgründe. Dazu mutiert die Musik zur ständig wiederholten melancholischen Tonfolge, aus Verstecken heraus belauschte Gespräche gehören ebenso zu den regieseitig eingesetzten Waffen wie ein saftiger Arschtritt für Mama. Angenehmerweise teilt das wenig überraschende Drama nach jeder Seite aus, verschont keinen komplett. Da müssen Dinge halt mal raus, es drückt sonst auf der Brust, völlig verständlich.

Und weil an Weihnachten Wunder geschehen, hält schließlich Akt 3 natürlich ein solches bereit. Als Abschluß einer rundum sehenswerten, leicht dramatischen Komödie, deren Qualität letztlich vergessen macht, daß es schon an Originalität oder Innovation mangelt. Erneut: nicht böse gemeint, lediglich ein Fakt.

Originaltitel: EN UNDERBAR JÄVLA JUL

S 2015, 108 min
FSK 0
Verleih: Arsenal

Genre: Tragikomödie, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Robert Gustafsson, Maria Lundquist, Anastasios Soulis

Regie: Helena Bergström

Kinostart: 22.12.16

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...