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El baño del Papa

Don Quijote baut ein WC

Zyniker sagen, es gäbe weltweit nur wenige Flughäfen, deren Boden Johannes Paul II. nicht geküßt habe. Tatsächlich ging der Mann als „Reisepapst“ in die Geschichte ein und besuchte selbst abgelegenste Orte, zum Beispiel anno 1988 das Provinznest Melo irgendwo in Uruguay. Grund genug für zwei dort aufgewachsene Filmemacher, Realität und Fiktion zu einer anrührenden Tragikomödie zu verbinden.

Im Zentrum des Geschehens steht Beto, welcher seine Familie mit Schmuggeleien über Wasser zu halten sucht, jedoch ständig mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Überhaupt leben sämtliche Einwohner Melos mehr oder weniger an der Armutsgrenze, weshalb die Kunde vom Papstbesuch urplötzlich große Illusionen weckt. Nicht weniger als 50.000 Pilger werden erwartet, die – logisch – alle irgendwie verpflegt sein wollen. Also sprechen alte Frauen freudig in die Kamera, daß sie sich verschuldet haben, um Lebensmittel zu erwerben, manch anderer verkauft sein Haus und erwirbt dafür Kühe, die fachgerecht gebraten zur Beköstigung dienen sollen. Das ganze Örtchen nimmt Kredite auf und lebt fortan in froher Erwartung. Beto dagegen ersinnt etwas ganz Spezielles: Er baut unter größten Mühen ein kostenpflichtiges Toilettenhäuschen für die Touristenschar. Kann Melo der Armut entkommen?

Wenig überraschend natürlich nicht, aber darum geht es, ungeachtet einer traurigen Melange aus echter Papst-Rede und inszenierten Bildern am Schluß, nur nebenbei, weswegen die potentielle Medienkritik auch eher wenig Raum einnimmt. Vielmehr konzentriert sich die Handlung auf Zwischenmenschliches, Emotionen. Wenn Betos Frau Carmen heimlich Geld spart, um der gemeinsamen Tochter den Traum vom Studium zu ermöglichen ... Wenn Beto alles versucht, seine Lieben stolz zu machen ... Wenn die Menschen unter widrigsten Umständen zusammenhalten, einander beistehen ... Dann gelingt EL BAÑO DEL PAPA das Kunststück, ohne Sozialkitsch tief zu bewegen.

Zum Schluß wird der Papst abgereist und Melo ein Trümmerhaufen aus zerplatzten Träumen sein. Doch das Leben geht weiter, in Beto reift bereits eine neue Idee. Zwangsoptimismus? Nein. Aber das Wissen darum, daß zwangsläufig ersticken muß, wer seinen Kopf in den Sand steckt. Und die wichtige Botschaft dieses stillen, wunderbar gespielten und so gelungenen Schelmenstücks zwischen bitterer Heiterkeit, Authentizität und melancholischer Stärke.

Originaltitel: EL BAÑO DEL PAPA

Uruguay/Brasilien/F 2007, 98 min
Verleih: Kairos

Genre: Tragikomödie

Darsteller: César Troncoso, Virginia Méndez, Virginia Ruiz, Alex Silva

Regie: Enrique Fernández, César Charlone

Kinostart: 05.03.09

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...