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Es war k’einmal im Märchenland

Gut gedacht = gut gemacht?

Mal ehrlich: Wer hat nicht die Nase gestrichen voll von schnulzigen Märchen-Klischees?! Ausgebeutete Putzkräfte, die am Ende den Traumprinzen kriegen, quicklebendig aus Wolfsbäuchen geschnittene Mädchen oder plötzlich mit gigantischen Reichtümern überhäufte arme Schlucker – pah! Alles sülziges Heile-Welt-Getue!

Das sieht Frieda, die böse Stiefmutter von Ella (voller Name: Cinderella) ganz ähnlich. Ergo reißt sie mal eben die Macht im Märchenland an sich, verpaßt allen Geschichten ein Unhappy End und versammelt sämtliche Schurken – zum Zwecke der fiesen Regentschaft. Doch natürlich hat Ella, das enervierend nette Kind, noch einige Tricks in petto, um diesen Plan zu vereiteln. Und ganz nebenbei gilt es für die Maid zudem, ihre wahre Liebe zu finden, denn der schmalzlockige Prinz, eine echte Niete, kann nun wirklich nicht in Frage kommen!

Gut, vielleicht mag ein unrettbar gefressenes Rotkäppchen oder frisch aufgetischtes Geißlein-Steak so manches kindliche Weltbild ja komplett zerstören. Der erwachsene Begleiter sollte sich jedoch endlich mal auf ein herrlich subversiv interpretiertes Stück Grimmscher Erzählung freuen. Allerdings folgt der Euphorie nur zu schnell die Ernüchterung, schon der Anblick detailarmer Animation und kantiger Figuren läßt verzagen. Leider zu Recht, da der Humor sich offensichtlich an die allerkleinsten Zuschauer richtet; mehrheitlich sollen wir uns auf dem Niveau fliegender Torten, aus großer Höhe fallender Charaktere oder an Wortspielen à la "Cinderella – Mozzarella" amüsieren. Schon Schulkinder werden so in ihrem Komikverständnis völlig unterschätzt, während die ganz Kurzen der hektischen, mit zu vielen Personen überladenen Handlung kaum folgen können.

In Zeiten von Pixar und DreamWorks hat dieses sicher originell gedachte, in seiner Umsetzung jedoch komplett versagende Anti-Märchen ganz schlicht keine Existenzberechtigung. Aber okay, eventuell lernen die Macher ja aus ihren Fehlern und bescheren uns mit der denkbaren Fortsetzung einen wahren Knüller. Allerdings bloß mit ungleich mehr Kreativität und dem einige Male durchs Bild tappenden Psycho-Wolf als Protagonisten ...

Originaltitel: HAPPILY N’EVER AFTER

USA/D 2007, 87 min
Verleih: NFP

Genre: Animation

Stab:
Regie: Paul Bolger, Yvette Kaplan
Stimmen: Traudel Haas, Nina Moghaddam, Malte Arkona, Martin

Kinostart: 22.11.07

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...