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Evet, ich will!

Unaufdringlich gut gelaunt und lässig erzählt

„Multi-Kulti“ klingt furchtbar. Nach Claudia Roth, irgendwie. „Multi-Kulti“ sagt man, wenn man ganz locker drauf ist und den graustaubigen Klang aus „multikultureller Gesellschaft“ nehmen will, um zu suggerieren, dass besagte Gesellschaft was Lustiges, Tolerantes und natürlich ganz dolle Buntes ist. Die Steigerungsform von „Multi-Kulti“ ist die „Multi-Kulti-Komödie.“ Die spielt vornehmlich unter „Mitbürgern mit Migrationshintergrund“ und nimmt sich, wie das dann immer so schön heißt, spielerisch und mit Augenzwinkern deren Probleme an.

In EVET, ICH WILL! etwa liebt der Dirk die Özlem oder der Coskun die Günay. Keine Liebe ohne Hindernisse. Droht das Glück doch etwa daran zu scheitern, daß Dirk zum Islam übertreten soll, was unter anderem eine Vorhaut-Beschneidung, also ein echtes Opfer von Dirk, erfordert. Oder die Familien von Coskun (Kurde) und Günay (Türkin) tragen auf dem Rücken der Turteltäubchen politische Grabenkämpfe aus. Von denen KFZ- Mechaniker Emrah wahrscheinlich träumt. Dessen Problem nämlich geht echt an die Substanz islamischer Toleranz. Liebt Emrah doch einen Mann, einen Deutschen zudem. Aber auch Salih, ganz traditioneller Hetero, hat es nicht einfach bei seiner Brautschau fern der anatolischen Heimat.

Nun, man muß es wohl so sagen: EVET, ICH WILL! ist eine Multi-Kulti-Komödie. Aber jetzt bloß nicht abschrecken lassen! Denn tatsächlich ist EVET, ICH WILL! ziemlich lustig und ausgesprochen liebenswert (Das Adjektiv „bunt“ überlassen wir Claudia Roth). Regisseur Sinan Akkus’ Langfilmdebüt ist so unaufdringlich gut gelaunt, so frisch und lässig erzählt, daß selbst in den weniger gelungenen Passagen dem Film sein einnehmender Charme nicht verloren geht. Das Ganze ist ein harmloser – und für manchen Zuschauer vielleicht auch allzu harmloser – Spaß. Aber es tut einfach gut, diese ganze Thematik mal unverkrampft, ohne kritische Polemik, ohne politisierende Attitüde, anschauen zu können.

Und im Grunde geht EVET, ICH WILL! damit sogar einen, wenn man so will, emanzipatorischen Schritt. Weg von der Multi-Kulti- hin zur romantischen Komödie nämlich. Denn die Querelen, die der Film zeigt, sind vor allem welche, die zwischen den Generationen stattfinden. Die Front verläuft weniger zwischen Ethnien, als vielmehr zwischen den Alten, die ihre Vorurteile im Name der Tradition kultivieren – und den Jungen, die sich einfach nur lieben und zusammen leben wollen.

D 2009, 94 min
FSK 0
Verleih: Maxximum

Genre: Komödie, Liebe

Darsteller: Oliver Korittke, Heinrich Schafmeister, Ingeborg Westphal, Lale Yavas, Meray Ülgen, Lilay Huser, Nuri Sezer

Regie: Sinan Akkus

Kinostart: 01.10.09

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.