D 2019, 95 min
FSK 0
Verleih: Missing Films

Genre: Dokumentation

Regie: Thomas Ladenburger

Kinostart: 21.11.19

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Ich bin Anastasia

Transgender bei der Bundeswehr

Die Kamera begleitet Anastasia Biefang über Jahre bei ihrer Transition zur Frau. Wir erfahren, daß die geschlechtsangleichende Operation bevorsteht, Anastasia ihre Freundin Samanta im Internet kennengelernt hat und der Diensteintritt als Oberleutnant das Informationstechnikbataillon der Bundeswehr im brandenburgischen Storkow naht. Wir sehen, mit welcher Stärke Anastasia ihren Weg verfolgt, und wie ihre Familie, ihr Arbeitsumfeld und ihre Beziehung mit der Transition umgehen.

Der Film läßt Talking Heads sprechen, die Kamera ist eine beobachtende, die der Protagonistin folgt und dabei ruhige Aufnahmen einfängt. Auf der filmisch-gestalterischen Ebene bleibt der Film schlicht, auch erzähltechnisch gibt es keine Experimente. Die typischen Fragen nach dem „Wann“ werden beantwortet, schön ist zu erfahren, daß Samanta und Anastasia spielerisch und unvoreingenommen an die Umwandlung herantreten und diese kein Ende für die Beziehung bedeutet. Es wird eine „Penis-ab-Party“ organisiert, ebenso wie eine „Brüste-und-Vagina-Feier“, bei der die Gäste durch eine um die Eingangstür geformte Stoff-Vagina in die Wohnung der beiden eintreten. Die zwei Frauen schaffen es, durch ihre offene und kommunikative Art Barrieren abzubauen.

Auch die Kolleginnen und Kollegen im Bataillon sind herausgefordert, Einstellungen zu überdenken und Vorurteile in Frage zu stellen. Wir erleben den Führungswechsel und Anastasias Dienstantritt bei der Bundeswehr. Dem kritischen Beäugen begegnet sie mit einer ruhigen Selbstbestimmtheit. Einen Realitätscheck vermittelt uns die Szene, in der Anastasia mit ihrer Partnerin durch Beiträge in einem politischen Internetforum geht und dortige Gewaltandrohungen, die an sie gerichtet sind, lesen muß.

Die Heirat und ein Auslandseinsatz in Afghanistan prägen das Ende des Films. Anastasia ist die erste Transgender-Frau in der Geschichte der Bundeswehr, die einen Posten dieser Art bekleidet. Auch wenn es eine familiäre Prägung gibt, der Vater war selbst Offizier in der Luftwaffe, scheinen die Wahl ihres Arbeitsfeldes und der Wunsch, dort eine führende Position einnehmen zu wollen, sehr ungewöhnlich, wenn man die hierarchischen Strukturen, die Strenge der Abläufe und das Üben von Gewaltanwendungen in der Bundeswehr mit Anastasias Naturell und Lebensart vergleicht, und dies im starken Kontrast zu stehen scheint. Dort hätte der Film vielleicht noch mehr in die Tiefe gehen können.

[ Katharina Wittmann ]