Originaltitel: SERENITY

USA 2019, 107 min
FSK 12
Verleih: Universum

Genre: Thriller, Drama

Darsteller: Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Djimon Hounsou, Diane Lane, Jason Clarke

Regie: Steven Knight

Noch keine Bewertung

Im Netz der Versuchung

Die Sache mit dem U-Turn

Fangen wir gleich unumwunden mit der schlechten Nachricht an: IM NETZ DER VERSUCHUNG ist ein mißratener Film. Daß dessen Plot mit dem erzählerischen „Mega-Twist 2019“ (so wurde es mega-euphorisch schon geschrieben) aufwartet, ändert daran genauso wenig etwas wie die durchaus reizvolle Besetzung (allen voran Matthew McConaughey) und das stimmig exotische Setting der Insel Plymouth.

Ein Karibikparadies, in das sich der Kriegsveteran Baker Dill zurückgezogen hat. Ein Kerl, der sein Geld damit verdient, mit seinem Boot Touristen zum Hochseefischen zu tuckern und ansonsten kaum mehr macht, als gelegentlich seine Geliebte Constance zu beglücken und in der Hafenspelunke ein paar Drinks zu nehmen. Baker scheint einer, der seinem alten Leben, seiner Vergangenheit, über die er nie spricht, den Rücken gekehrt hat. Bis ihn diese Vergangenheit einholt. In Person der dubiosen Karen, Bakers Exfrau und außerdem ein Prachtexemplar von Femme fatale, die dann auch gleich ein so dubioses wie fatales Anliegen hat.

IM NETZ DER VERSUCHUNG gehört zu jenen Filmen, bei denen man gut aufpassen muß, nicht zu viel über die Handlung und somit erwähnten „Mega-Twist“ zu verraten. Nur noch so viel: Es ist ein Mord, den Baker für seine Ex durchführen soll. Für gutes Geld und an einem brutalen Drecksack. Und schon sei es genug – auch, um den Köder trotz obiger Warnung doch noch auszuwerfen. Denn was Steven Knight hier zeigt, ist ein Film der falschen Erwartungen – und das auf mehreren Ebenen. Auch fatalen – eingedenk des Umstandes, daß ja auch falsche Zuschauererwartungen geweckt werden mit einer Film-noir-Konstruktion, die wie eine Versuchsanordnung bekannte Motive und Konstellationen installiert, nur um dann auf dem daraus entstehenden Erzählweg eine 180-Grad-Kehrtwendung zu vollführen. Was dann indes mehr einem U-Turn als einem Twist gleichkommt. Und ob dem Knight ein wenig die Kontrolle über Film und Plot zu entgleiten scheint. Hin in einen anderen Plot, vielleicht sogar Film.

Die Frage ist nur: Ist das erzählerisch kühn oder überambitioniert? Möglicherweise beides. Ein Film, nach „klassischen“ Bewertungsmaßstäben mißraten – und genau deshalb möglicherweise einen Besuch wert. Sollte der nun im Unmut enden, sei hiermit noch mal auf obige Warnung verwiesen. Wie auch auf die schöne Charaktereigenschaft, die der Originaltitel beschwört. Und das natürlich nicht ohne Grund.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.