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Jacky im Königreich der Frauen

Männer unter Schleiern in einer Klamotte unter der Satire

In der Volksrepublik Bubunne gilt für Männer das, was in manchen Gegenden der Welt vorrangig für Frauen gilt: kein Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper, die eigene Existenz. Sie sind Lustobjekte und Arbeitssklaven. Bubunne, das ist eine Mischung aus abstruser Theokratie und Militärdiktatur. Die Männer tragen Schleier, kümmern sich um den Haushalt und haben den Frauen stets zu Diensten zu sein. Die Frauen ihrerseits stampfen allesamt breitbeinig und herrisch in Uniformen durch die schlammigen Straßen eines technisch und industriell kaum entwickelten Landes.

Man muß hier jetzt nicht auf momentan herrschende Gemengelagen verweisen, um auf den Gedanken zu kommen, daß JACKY IM KÖNIGREICH DER FRAUEN die richtige Satire im richtigen Moment sein könnte. Doch wer jetzt allein ob verschleierter Männer von Riad Sattoufs Film eine wie auch immer geartete Islamkritik erwartet, ist auf dem Holzweg. Zum einen, weil die Phantasmagorie einer Gesellschaft, in der die Frauen in jeder Beziehung die Hosen anhaben, ja nicht nur für viele Muslime ein Alptraum sein dürfte. Außerdem, weil JACKY das Problem eines etwaigen Blasphemie-Vorwurfs schon damit abschwächt, daß statt welches monotheistischen Gottes auch immer in Bubunne Pferde angebetet werden. Die Tiere gelten hier als heilig, womit jedes die Straße querende Freilandpony entsprechend für Aufsehen sorgt.

Der Hauptgrund aber ist, daß JACKY bei aller zweifellos satirischen Imprägnierung unter selbiger vor allem eine Klamotte ist. Eine Travestie in überkandidelt, in welcher der Titelheld, ein 20jähriger Schönling, sich unsterblich in Bubunne XVII. verknallt hat. Die wiederum ist die angehende Herrscherin des Landes, während Jacky nur als arme Halbwaise in einer häßlichen Trabantenstadt vegetiert. Und natürlich trotzdem, einigen absurden Drehbucheinfällen sei Dank, bald das große Abenteuer erleben wird, das ihn zu seiner Angebeteten bringt.

Ein „Anschlag auf Gender-Klischees und religiös-politischen Fundamentalismus“ sei dieser Film. Zumindest in seiner Selbstwahrnehmung. Ja, kann man so sehen. Nur daß dieser Anschlag einer mit dem grobem Lustigkeiten-Holzhammer ist. Mit einer Reihe Gags, die statt geschliffener Satire eher das Humorlevel einer groben Faschings-Spaßigkeit bedienen. Und somit ist JACKY vor allem darin ein Film zum richtigen Zeitpunkt.

Originaltitel: JACKY AU ROYAUME DES FILLES

F 2014, 94 min
FSK 12
Verleih: Pandastorm

Genre: Klamotte

Darsteller: Vincent Lacoste, Charlotte Gainsbourg, Michel Hazanavicius

Regie: Riad Sattouf

Kinostart: 19.02.15

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.