D 2010, 90 min
FSK 12
Verleih: Constantin

Genre: Persiflage, Action, Literaturverfilmung

Darsteller: Christian Tramitz, Christian Ulmen, Monica Cruz, Christiane Paul, Heino Ferch

Regie: Cyrill Boss, Philipp Stennert

Kinostart: 11.03.10

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Jerry Cotton

Eine einfältige Erfrischung

Kennt noch jemand, der jünger als, sagen wir mal ganz optimistisch, 30 Jahre ist, diese Bahnhofskiosk-Heftchen mit bunt lockenden Illustrationen auf dem Umschlagblatt und reißerischen Schriftzügen darüber? Gemeint sind jetzt nicht die großen Heimat- oder ebenso großen Arzt-Romane, die ja ältere Damen auch heute noch gerne lesen, wenn sie sich auf die Reise zu den Enkeln begeben, sondern jene Lektüre, die durch und durch Coolness, Machismo und Action versprach, ob Titel wie „Die Rechnung eiskalt serviert“ oder „Terror in Singapur“ oder auch „Tod im roten Jaguar.“ Vor derart Knalligem machte jeweils ein Name, der Programm war, das Ganze noch knalliger: Jerry Cotton.

Und mag man Jerrys Abenteuer (wenn man jünger als 30 ist) im Kampf gegen das organisierte Verbrechen auch tatsächlich nicht mehr kennen, seinen Namen, verdammt noch mal, dürfte man ja wenigstens schon gehört haben. Und natürlich ist der tollste aller tollen Groschenheft-FBI-Agenten-Hechte mit Verkaufszahlen in Millionenhöhe eine Steilvorlage für Verfilmungen. In den 60ern gab es einige, die gar nicht mal so übel daherkamen, und da ja auch Retro irgendwie immer angesagt ist, darf nun G-Man Jerry erneut auf der großen Leinwand den bösen Buben auf die Finger klopfen.

Und ja, es ist ganz kurzweilig und amüsant geraten, dieses 2010er Cotton-Abenteuer. Worum es geht? Nun, Jerry gerät unter Mordverdacht. Klar – er ist Opfer einer fiesen Intrige, aber seine Unschuld beweist er natürlich nicht vor Gericht, sondern auf den rauhen Straßen New Yorks. Im Nacken die ehrgeizige Leiterin der FBI-Dienstaufsichtsbehörde, die ihn ebenso fanatisch jagt, wie viele schurkische Unterweltler, für die Jerry jetzt Freiwild ist. Einzig auf den täppischen Bürohengst Phil Decker kann sich Jerry noch verlassen.

Die Kugeln aus Jerrys 38er Smith & Wesson pfeifen sexy, und der Motor seines roten Jaguar E-Type röhrt wie ein brünftiger Hirsch. Dazu abwechselnd alberne und coole Sprüche und Posen, die weiß Gott nicht wirklich ironische Distanz zeigen, dafür aber ein gerütteltes Maß zwar einfältiger, aber doch auch erfrischender Lust am Klamauk. Parodien Made In Germany sahen ganz sicher schon peinlicher aus. Zumal JERRY COTTON auch vom Look was hermacht in der Art, wie hübsch sich doch alte Groschenheftillustrationen für die große Leinwand aufbereiten lassen.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.