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Made In Hongkong

Es war sicherlich John Woo, der dem Hongkong-Kino eine ernstzunehmende Renaissance verschaffte, der das Kino der albernen Kung-Fu und Ballerfilmchen der 70er entstaubte oder bestenfalls vergessen ließ. Nicht ohne Grund ist Woo einer der meist zitierten Filmemacher, einer, dessen Bildsprache gerade auch im amerikanischen Action-Kino 1:1 übernommen wurde. Bei ihm wird auch geballert, allerdings mit Schick. Und mit Tiefe. Da sind die Helden vernarbt, elegant, oft so ganz einsame Wölfe.

Bei Woo werden klassische Western-Motive neu interpretiert, da wird gelitten, großkalibrig geschossen und akrobatisch gestorben. Kurzum: Das Kino von John Woo, welches in den 90ern dann vom fabelhaften Johnny To adäquat und leicht ironisiert weiterentwickelt wurde, macht Spaß! Das kann man von der vorliegenden DVD-Box leider nicht sagen, denn die teilweise knapp zehn Jahre alten Werke dürften wenn überhaupt nur zum Mittelmaß gehören, was die Filmindustrie Hongkongs hervorgebracht hat. Eher gehören sie wohl zu den unzähligen Filmchen, die man in der ehemaligen britischen Kronkolonie im Stundentakt produziert. Allesamt sehen sie aus, als hätte es John Woo nie gegeben. Traurig irgendwie.

Die beste unter diesen recht ermüdenden Actiongurken ist da noch THE BIG BULLET - der Titel soll an Meister Woo erinnern, man schreibt’s auch gleich noch aufs Cover. Dahinter verbirgt sich dennoch nicht viel mehr als einer der üblichen Cop-Korruption-Banden-Thriller. Da laufen zahllose coole Typen mit 80er Jahre-Spiegelglas-Sonnenbrillen durch die Gegend, die dürfen dann auch noch herrlich verstandsverhärmte Parolen wie "Inspektor! Jetzt machen Sie keinen Blödsinn. Wir wollen ein Verbrechen verhindern!" in der Gegend rumbrüllen. Typisch für diese Lesart des Kinos von Far East werden biographische Hintergründe und die kleinen Traurigkeiten der großen Helden in ungeschickt montierten Nebensätzen heruntergerasselt. Dramaturgie und Subtilität scheinen störende Fremdkörper auch bei dieser Fließband-Produktion. Na ja, wenigstens spielt einer der charismatischsten Typen des Hongkong-Kinos die Hauptrolle: Lau Ching-wan.

In THE FINAL OPTION hat B-Actor-Legende Michael Wong die Qual der Wahl zwischen seinen beiden Mienen und darf dann den Oberdriller vom Dienst geben. Er ist Stone, Ausbilder einer Elitetruppe, und in endlosen und immer wiederkehrenden Einstellungen wird dann auch hauptsächlich von Männerschweiß und Kameradschaft erzählt. Dazu bläst derart ungeniert ein derber Marsch von vorn durch die Kadettenfrisuren, daß sich Gustav Mahler unwohl touchiert im Grabe wälzen dürfte. Das schrägste Filmchen der Box ist allerdings THEFT UNDER THE SUN. Ein Undercover-Bulle macht die Bekanntschaft mit dem Söldner Dan (wieder eine Glanzleistung des Michael Wong), der mit Hilfe der Russen irgendwelche Raketen von der Mongolei durch China schmuggeln will, und schon bald holpert man sich zum großen Thema "Mein Freund - mein Feind" durch. Wenigstens stimmen hier die Action-Einlagen, denn - so viel darf man allerdings auch erwarten - die Zündköpfe gehen in den richtigen Momenten mit gehörigem Rums hoch.

Gelungen ist diese Auswahl auf gar keinen Fall. Wenn schon flink abgenudelter Mainstream, dann doch wenigstens solcher, der mit Humor und Dreistigkeit auf Gravität und Logik verzichtet und damit tatsächlich Spaß macht. Ärgerlich stimmt zudem die Tatsache, daß man die Filmchen ausschließlich auf deutsch durchstehen muß. Eine Synchronisation, die - fast schon rassistisch - unseren asiatischen Freunden eine derart ungelenke und tumb-proletarisierende europäische Intonation aufdrängt, daß man rot werden könnte.

Ja, bei einem derart pauschal kompilierenden Titel einer 3er Box hätte man mehr erwarten dürfen als nur "Rudis Reste Rampe". Made in Hongkong ist hier leider kein Gütesiegel.

Genre: Action, Eastern

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.