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Max Schmeling

Verdammt ernst und gravitätisch – eine Komödie

Dieser Film ist echt lustig. Man mag das zwar nicht glauben, geht es doch in ihm um eine Legende des (deutschen) Boxsports. Um Max Schmeling nämlich, der 1936 im WM-Ausscheidungskampf Joe Louis auf die Bretter schickte, und den die Nationalsozialisten daraufhin zum arischen Superhelden stilisierten. Was Schmeling anwiderte – denn der war durchaus ein Mann, dessen Charakter so gefestigt war, wie sein Stand im Ring, und der in den finsteren Zeiten des Dritten Reiches etwas im Grunde Unmögliches vermochte. Nämlich integer zu bleiben. Sehr zum Ärger der Machthaber.

Echt kein Thema für eine Komödie. Uwe Boll hat es geschafft, dennoch eine darüber zu drehen. Wobei es nicht das erste Mal geschieht, daß dieser Regisseur allen Ernstes so lustig ist. Boll ist ein Freak – und das ist durchaus mit Sympathie gesagt. Ein Kinofreak, der seit Jahren mit viel Enthusiasmus und Geschäftssinn einen Haufen B- und noch mal einen größeren Haufen C-Filme dreht. Nein, inszenatorisches Talent hat Boll echt nicht. Dafür Chuzpe ohne Ende. Im konkreten Fall erkennbar unter anderem daran, die Titelrolle mit „Gentleman-Boxer“ Henry Maske zu besetzen. Was für ein Coup! Daß Maske boxen kann, bestreitet ja keiner. Beim Artikulieren wird es schon enger. Und beim Schauspiel? Man muß das einfach sehen. Nicht um Boll, Maske und diesen Film höhnisch zu verlachen. Was sich freilich anbietet, aber billig wäre.

MAX SCHMELING ist auf eine unglaubliche Art lausig und dabei gleichzeitig so jungenhaft aufrichtig, daß man fast gerührt sein möchte. Keiner kann hier wirklich was, aber alle knien sich voll rein. Maske kämpft mit Dialogen, als müßte er sie K.O. schlagen, Boll ringt mit Anschlußfehlern, der Kameramann mit Ausleuchtung und Bildfokussierungen. Durch die Handlung hoppeln Abziehbilder an Knallchargen-Nazis, verängstigte und geschäftstüchtige Juden, tumbe Volksgenossen und aufrechte Deutsche. Dazu gibt es auch mal Landserheft-Geballer von der Front und eine Romanze, in der Maske als „charmanter Liebhaber“ (Presseheft) reüssieren kann.

Und natürlich gibt es Boxkämpfe. Inszeniert ohne Rhythmus und Eleganz, dafür mit Pathos. Auch das macht MAX SCHMELING zu einem Film, welcher anmutet wie ein kleiner Junge in kurzen Hosen und Kniestrümpfen, der versucht, verdammt ernst und gravitätisch dreinzublicken. Und total von sich begeistert ist dabei. Ja, so etwas kann echt lustig sein.

D 2010, 123 min
FSK 12
Verleih: KSM

Genre: Biographie, Drama, Trash

Darsteller: Henry Maske, Susanne Wuest, Heino Ferch, Vladimir Weigl

Regie: Uwe Boll

Kinostart: 07.10.10

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.