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Mr. Nice

Gaaaanz tief und gaaaanz laaaangsam …

Nein, es geht nicht um Sex. Sorry. Hier ist jetzt Ein- und Ausatmen gemeint. Also nicht penetrieren, sondern inhalieren. Und zwar, was ja dann fast wieder so schlimm wie Sex ist, das Inhalieren von Rauschmitteln. Ganja, Shit, Hasch, Marihuana, Schwarzer Afghane, Grüner Türke … oder wie all die segensreichen Cannabis-Opiate sonst noch so heißen mögen. Und bevor sich jetzt jemand moralisch am „segensreich“ festkrallt – natürlich fällt diese Formulierung nur mit Blick auf MR. NICE, diesen Film, der selbst ein wenig wie segensreiches Ein- und Ausatmen ist. Oder wie das glücksgrienende Inhalieren eines Zelluloid-Joints. Den verabreicht Regisseur Bernard Rose mit der lässigen Geste eines Kiffers. Wenn auch eines hellwachen Kiffers, falls es das gibt. Und es gibt ja kaum etwas, was es nicht gibt.

Zum Beispiel einen Typen wie Howard. Ein zurückhaltender Junge, der in seinem walisischen Arbeiterkaff einer von denen ist, den die Mädchen verlachen und die Kerle verprügeln. Auch weil Howard einfach intelligenter ist. So intelligent, daß es ihn an die Universität von Oxford verschlägt. Dort nun mag man ja traditionell konservativ gestimmt sein – aber es sind die späten 60er, und da nützt das gar nix. Flugs ist Howard mittendrin in der Hippie- und Drogenkultur. Der stille Junge wird ein eloquenter Kiffer – und wie von selbst einer der größten Drogendealer Europas. Und das alles im Zeichen von Peace und Happiness. Mit Scharfsinn und Friedfertigkeit. Daran ändern auch nichts Kontakte zur IRA, die ihm Startkapital besorgt, noch zum Geheimdienst MI6, der ihn vor Haftstrafen bewahrt (zumindest eine Zeit lang), oder zu wild dreinblickenden Afghanen im Hindukusch (die den nie versiegenden Nachschub liefern).

Ja, ist eine wahre Geschichte. Die des Howard Marks nämlich, bekannt auch als Mr. Nice. Bernard Rose verfilmte dessen Leben als das, was es wohl lange war: Als höllisch geilen, immer wieder psychedelisch ausscherenden Trip. Inklusive Abstürze. Doch die verursachen nicht die Drogen, sondern die Ermittlungsbehörden, welche Howard natürlich irgendwann doch zu packen bekommen. Wobei der Film sich dann politisch eindeutig positioniert: Hinter Howard und für die Legalisierung von Marihuana, für die dieser unglaubliche Kerl bis heute eintritt. Mit Witz und Scharfsinn, als hellwacher Kiffer.

Originaltitel: MR. NICE

GB 2010, 121 min
FSK 12
Verleih: Koch Media

Genre: Biographie, Tragikomödie

Darsteller: Rhys Ifans, Chloë Sevigny, David Thewlis, Andrew Tiernan

Regie: Bernard Rose

Kinostart: 23.06.11

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.