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Paris, je t’aime

É moi non plus

Wie erzählt sich die Liebe in Paris? In den 18 Filmminiatiuren dieses Omnibus-Projektes erstens über berühmte Gesichter. International anerkannte Regisseure strömten zusammen mit ihren Lieblings-Stars in 18 Arrondissements der Stadt aus, um ihre Geschichte über glückliche oder unglückliche Liebe, Mutterliebe, Scheidungskriegsliebe, multikulturelle Liebe usw. in die Gegend einzubauen. Man kommt also zweitens ziemlich rum in der Stadt; ein umfassender Spaziergang. Darüber hinaus kommt drittens der reale Bezug zum Alltagsleben in diesen Vierteln, die Innenperspektive sozusagen, etwas kurz. Paris ist hier vor allem ein Sammelbecken für Erlebnisse in der Fremde, eine flüchtige Begegnung.

Warum also Paris? Möglicherweise wäre ein Prominentenausflug nach, sagen wir, Emden wenigstens richtig fremdartig gewesen. Doch Paris und das Kino, das ist nun mal eine alte Symbiose, da kann man nichts machen. Und letztendlich ist es wie mit allen Kurzfilmprojekten. Jeder behält einige Beiträge in Erinnerung, andere vergißt er. Das eigentlich Spannende daran ist, was man alles in fünf Minuten machen kann.

Tom Tykwer zum Beispiel schafft es, gleich mehrere Wochen zu erzählen, alles von der ersten Begegnung zwischen einem blinden jungen Mann und einer angehenden Schauspielerin bis zur heranrückenden Trennung, und zwar auf naheliegende wie wirksame Weise: nämlich per Zeitraffer. Die Episode der Coen-Brüder hingegen spielt ausschließlich unter der Erde während einer sehr kurzen Zeitspanne. In etwa die zwischen zwei U-Bahnen, und doch erhält Steve Buscemi als Amerikaner in Paris einige seltsame Lektionen über das neurotische Liebesleben der Großstädter. Walter Salles wiederum braucht für sein Stück über soziale Unterschiede nichts weiter als einen Ortswechsel: von einer Wohnung in die andere, und vermittelt damit einen Hauch von Naturalismus. Den sucht man in der unverständlichen Kunstblutvampierliebesgeschichte mit Elijah Wood vergeblich, die davon abgesehen mit Paris nun wirklich nichts mehr zu tun hat.

Man hätte also gut streichen können, zugunsten der Zugkraft. Doch wem eine Episode nicht gefällt, der schließe einfach für fünf Minuten die Augen und stelle sich vor, er sei in Paris.

F 2006, 120 min
Verleih: Senator

Genre: Episodenfilm, Liebe, Kurzfilm

Darsteller: Fanny Ardant, Juliette Binoche, Willem Defoe, Gérard Depardieu, Elijah Wood, Natalie Portman u.a.

Regie: Alexander Payne, Wes Craven, Tom Tykwer, Gus van Sant, Walter Salles, Gérard Depardieu, Joel & Ethan

Kinostart: 25.01.07

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...